Wie verändert man die Welt?

Vor einigen Jahren hatte ich eine Diskussion mit anderen WU-Studenten. Es ging um die Erforschung des Weltalls. Einer meinte, er fände es pervers, dass wir so viel Geld in die Erforschung fremder Welten stecken, während hier auf der Erde noch Menschen verhungern. Die Antwort eines anderen war gefährlich stichhaltig: "Das Geld fliegt ja nicht ins Weltall sondern bleibt sowieso auf der Erde!"

Blick auf die Erde von der Apollo 17

Diese Antwort ist deshalb erwähnenswert, weil sie einerseits so verlockend überzeugend ist, andererseits in dieser einfachen Verblendung für die Verwirrungen der Wirtschaftswissenschaften steht. Denn was ist der Fehler an diesem Gedanken?
Der Fehler besteht darin, den Zusammenhang zwischen Produktion und Verteilung nicht zu sehen. Das Geld bleibt auf der Erde, das stimmt. Aber das Geldsystem ist ein Verteilungssystem, ein Machtsystem. Mithilfe des Geldsystems wird geregelt, wer, was, wo, wie und für wen produziert. Fließt Geld in die Erforschung des Weltalls, so fließt es nicht in die Welternährung. Anstatt Essen werden Raketen produziert. Aber wenn das so ist: Wer hat die Macht, Dinge auf der Welt zu verändern? Wer entscheidet denn, was produziert wird?

Zum Thema Macht lässt sich folgendes sagen: Sie ist eine Relation. Es gehören immer zwei dazu. Macht ist nichts, was eine Person einfach hat. Sondern eine Person beansprucht sie für sich und eine andere gibt sie ihr. Diese erkennt sie an und befolgt die gegebenen Befehle. Das haben schon viele Wissenschaftler erkannt, zum Beispiel auch Ludwig von Mises:

"Keine Gewalt vermag den Einzelnen unmittelbar in die Zwangsgemeinschaft einzufügen. Gewaltanwendung und Gewaltandrohung vermögen wohl eine Lage zu schaffen, in der dem Einzelnen das Gehorchen und das Sichfügen vorteilhafter erscheinen als die Auflehnung und der Ungehorsam. Vor die Aufgabe gestellt, zwischen den Folgen der Auflehnung und den Folgen der Unterordnung zu wählen, entscheidet er sich für die Unterwerfung und gliedert sich damit in den herrschaftlichen Verband ein. Jeder einzelne Befehl stellt ihn immer wieder vor dieselbe Wahl." (Ludwig von Mises, Nationalökonomie, Theorie des Handelns und Wirtschaftens, buchausgabe.de: Flörsheim, 2010, Seite 182f)
Hannah Arendt drückt diesen Gedanken folgendermaßen aus:

"Über Macht verfügt niemals ein Einzelner; sie ist im Besitz einer Gruppe und bleibt nur solange existent, als die Gruppe zusammenhält. Wenn wir von jemand sagen, er »habe die Macht«, heißt das in Wirklichkeit, daß er von einer bestimmten Anzahl von Menschen ermächtigt ist, in ihrem Namen zu handeln. In dem Augenblick, in dem die Gruppe, die den Machthaber ermächtigte und ihm ihre Macht verlieh (potestas in populo - ohne ein »Volk« oder eine Gruppe gibt es keine Macht), auseinandergeht, vergeht auch »seine Macht«." (Hannah Arendt, Macht und Gewalt, Piper: München, 20.Auflage 2011, Seite 45)
Man könnte es auch so formulieren: In genau dem Augenblick, in welchem wir jemanden als mächtig bezeichnen, manifestieren wir auch den Machtgedanken und damit die Anerkennung der Macht!
In meiner zweiten Diplomarbeit habe ich schon herausgearbeitet, was diese Anerkennung für das Geldsystem selber bedeutet! Die heutige weltweit dominierende Machtstruktur ist der Kapitalismus. Die Befehle, die erteilt werden, gehen von den Geldbenutzern und den Preisgestaltern aus. Mit jedem Euro, den wir selber ausgeben, geben wir solche Befehle ab. Ändern wir unsere Befehle, so ändern wir die Welt.


Die Welt verändern soll heißen: Das Verhalten der Menschen verändern. Die Welt verändern bedeutet, unproduktives, unnachhaltiges, unzielführendes, ineffizientes Verhalten in sein Gegenteil zu verkehren. Am besten verändert man die Welt heute über das Geld und über den Markt. Denn das Geld ist zum weltweiten Vermittler und Herrscher geworden. Man kann heute, wenn man die Mittel hat, alles am Markt kaufen. Es gibt nur wenige Dinge, die nicht erwerbbar sind. Dinge, die heute nicht kaufbar sind, sind vermutlich noch nicht machbar. Diese Effizienz des Marktes ist, wie bekannt ist, sein Fluch und sein Segen zugleich. Wenn alles auf dem Markt kauf- und verkaufbar ist, so wird der Sinn dieses effizienten Getriebes von den Käufern, den Konsumenten, den Geldgebern gesteuert. Durch unseren kollektiven Konsum steuern wir, was produziert, was geleistet wird! Deshalb liegt eine Lösung der heutigen Probleme der Welt: Hunger, Krieg, Ausbeutung, Unfreiheit,... darin, unser Verhalten und besonders unser Konsumverhalten zu verändern. Denn durch die Konsumausgaben verändern wir das Verhalten anderer!


Der Imperativ in der heutigen, geldgesteuerten, Welt lautet also: Wenn ich möchte, dass etwas geschieht, dann muss ich dafür zahlen!
Zahle ich nicht dafür, dann möchte ich auch nicht, dass es geschieht. Wenn ich für etwas zahle, so möchte ich, dass es geschieht!

Wir übernehmen nur allzu selten die Verantwortung über diese Welt. Wir fragen uns oft: "Wie konnte das Dritte Reich geschehen?" und zeigen an uns selbst, wie es weltweit heute in abgewandelter Form geschieht. Anstatt alles daran zu setzen, dass kein Kind mehr verhungert, kaufen wir uns lieber ein neues Handy und sehen gar nicht den Zusammenhang. Wir glauben, unschuldig zu sein. Dabei ist es enorm aufwändig, ein Handy zu produzieren. Würden wir mit unseren ausgegebenen Euros befehlen, dass dieser Aufwand in die Erfüllung der Grundbedürfnisse der Menschen (Wohnen, Essen, Gesundheit) weltweit gesteckt wird, so würde es geschehen. Aber wir schauen lieber weg und denken uns: "Na sollen sie halt Kuchen essen". Was ist der Fortschritt wert, wenn er nur einer Minderheit hilft? Kann man das überhaupt Fortschritt nennen?
Wenn ich weiß, dass Kinder ausgebeutet werden beim Zusammenbau von Handys und ich mir ein solches Handy dann kaufe, so unterstütze ich diese Art der Ausbeutung. Ich sage damit: Macht weiter so! Ihr habt meine Zustimmung!

Was würde passieren, wenn die Nachfrage, welche in die Entwicklung der heutigen Handys fließt, in ein anderes Produkt fließe: In die Verhinderung des Welthungers? Wenn ich kaufe, dass einem Menschen seine Grundbedürfnisse erfüllt werden? Es würden sich, zumindest nach der klassischen ökonomischen Lehre, sofort gewinnmaximierende Unternehmen um das Angebot kümmern wollen! Es wäre dies dann eine für den Käufer soziale Form des Konsums! Er konsumiert, dass ein anderer konsumieren kann! Das Problem an solchen sozialen Unternehmungen: Sie müssen Kunden finden, die bereit sind, für ein Produkt zu zahlen, welches ihnen nicht unmittelbar einen Gegenstand in die Hand drückt, sondern der langfristig etwas zum Positiven auf der Welt verändert. Es wäre dies ein Produkt, dessen Wirkung man nicht unmittelbar selbst merkt. Man würde eventuell nur eine Wirkung merken, wenn man dieses Produkt nicht gekauft hätte. Das Nichtverhungern eines Kindes kilometerweit entfernt merkt man nicht. Oder das Verhindern einer Katastrophe wie der Klimaveränderung würde man ebenfalls nicht merken.

Die Erde von oben


Und hier schließt sich der Kreis zur Weltallforschung.Wenn ich möchte, dass mehr Geld in die Lösung der großen sozialen Probleme der Menschheit fließt, so muss ich dafür zahlen und im Gegenteil weniger für unwichtige oder gar asoziale Gegenstände zahlen! Wenn ich möchte, dass sich die Forschung mit dem Problem des Welthungers beschäftigt, anstatt mit dem Finden noch besserer Displays für Computer, so muss ich Geld in die Hand nehmen und in die richtigen Kanäle leiten! Wenn etwas passiert auf dieser Welt und ich mache eine Institution dafür verantwortlich, so muss ich eigentlich bei mir sehen, ob ich nicht irgendwie diese Institution mitfinanziere! Dann muss ich sehen, ob ich nicht etwas kaufen kann, was diese Taten verhindern könnte!

Kommentare

  1. Infoliner sagt:

    Weise Gedanken. Denk sie weiter: Auch das Geld ist in unserem Kreis ein Produkt, eines sogar, mit dem überall der größte Schaden angerichtet wird. Außerdem ist der Euro keine Währung, kein faires Tauschmittel, sondern eben in Privateigentum. Der Eigentümer bestimmt, daher können wir ehrlich gesagt, letztlich, mit Euros niemals etwas wirklich Gutes bewirken, außer durch den Verzicht darauf und den Einsatz gemeinnütziger Tauschmittel stattdessen. Das ist nicht Utopie, was ich schreibe, sondern in kleinen Worten die Fortsetzung, die Konsequenz aus dem von Dir beschrittenen Weg.

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  2. Ich wünsche mir das totale Zusammenbrechen des Bankensystems und einen Schuldenerlass aller Schuldner. Einen absoluten Reset mit geistigem Erwachen und einem neuen System vom Volk fürs Volk. Ohne Banken dazwischen. Wir brauchen die Verräter nicht. Keinen Kreaturen von Jekyll Islands mehr ;-)
    Ach was träume ich hier :D

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    1. Wenn Du den Erhalt des Bankensystems wünschst, wirst Du Deine eigene Verelendung ernten, wenn Du den totalen Zusammenbruch des Bankensystems wünschst, wirst Du Deine eigene Verelendung ernten. Im Elend hat es sich dann mit dem "geistigen Erwachen", da Du mit Überleben mehr als vollbeschäftigt sein wirst. Ein Schuldenerlaß bedeutet auch immer Vermögensvernichtung, denn es gilt Schulden=Vermögen Saldo Null.
      Wenn Du Deine eigene Verelendung nicht möchtest, dann nutze ein schuldfreies Geld, das Du Dir selber schaffst http://www.rheingoldregio.de

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  3. Deine Argumentation geht leider am Kern der Sache vorbei. Es klappt nicht, in den Supermarkt zu gehen und statt eines Handys das Produkt "gegen den Hunger" zu kaufen. Am nächsten dran an diesem Konzept ist die übernationale Charity-Industrie, die dieses Produkt scheinbar anbietet.
    Wer glaubt, durch "Kaufen" im System ändern zu können, hat das Geldsystem nicht einmal ansatzweise verstanden. Das Geldsystem nennt sich Kapitalismus, weil es vom Kapital abgeleitet ist. Da Geld immer nur als zinspflichtige Schuld in die Welt kommt, muß es Kapitalrendite bringen. Kapitalrendite kann es nur bringen, wenn die Produkte einen Preis haben. Einen Preis haben Produkte nur, wenn sie im Mangel sind, es zuwenig davon gibt. Der Kapitalismus muß also Mangel nicht nur hervorbringen, sondern auf ewig perpetuieren, nottfalls den Mangel künstlich herstellen. So sind die gaga-Projekte wie Abwrackprämien für funktionierende Autos oder das Plattenbau-Rückbauprogramm (Vernichtung von Wohnungen) zu erklären. Sie stellen den Mangel her, der Kapitalrendite erst ermöglicht. Wenn es Dir also ein Anliegen ist, daß der Hunger (der Mangel) beseitigt wird, dann mußt Du ursächlich ans Geldsystem. Auch die karitativen Organisationen wollen den Hunger nicht beseitigen, sondern an ihm verdienen, müssen den Hunger also in der Welt erhalten, sonst verlieren die ihre Existenzgrundlage. Wir gehen ursächlich ans Geldsystem mit unserem Rheingold, das schuldfrei und damit qua constructione schuldfrei in die Welt kommt. Daß Du in Deinem Artikel Rheingold nicht erwähnst, obwohl Du doch selber Rheingolder bist, zeigt mir, daß Du das Rheingold Prinzip offensichtlich nicht verstanden hast.

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  4. Danke, Anonym vom 10. Oktober 2012 10:31, für deine Hinweise und für deine zusammenfassende Problemsicht.

    Du hast Recht: Alleine durch Kaufen werden wir nicht die komplette Welt verändern. Allerdings dürfen wir nicht dem Fehler unterliegen, uns der Macht obiger von dir beschriebener Gedanken komplett zu unterwerfen, nur weil wir noch mit diesen gesellschaftlichen Regeln und Gesetzen, mithin „im System“ leben. Denn die Logik des Kapitals gilt für mich auch nur, wenn ich mich ihr in jedem Schritt unterwerfe! So gesehen kann man den obigen Teufelskreis denke ich schon lindern, indem man bewusst einkauft und sein Geld auch in soziale Projekte investiert. Und wenn es dieses Produkt in dieser Form nicht gibt, so ist es doch gerade im derzeitigen System meine Pflicht, ein Unternehmen aufzubauen, welches den Mangel zu beseitigen anbietet.

    Ein Produkt „gegen den Hunger“ ist natürlich eine zunächst komische Formulierung. Der Mangel muss ja nicht der Hunger sein, sondern der Mangel kann ja auch das Fehlen an sinnvollen Charity-Investitionsmöglichkeiten selbst sein. Wir beide können noch heute ein Unternehmen gründen, das als Produkt anbietet: Nachhaltig den Hunger der Welt beseitigen und garantieren, dass man nicht neue Abhängigkeiten schafft. Wenn dieses Ziel erreicht wurde, so lösen wir das Unternehmen wieder auf. Der zahlende Kunde ist der, der dieses Ziel erreicht haben möchte. Unser Unternehmen bringt Kapitalrendite, weil Kunden für dieses Ziel zahlen. Also durchaus in diesem System möglich!

    An den Systemschrauben drehen kann man gleichzeitig immer noch und ein anderes Geldsystem, wie bspw. Rheingold zu verwenden ist sicherlich ein Schritt auf diesem Weg. Wenn allerdings dieses neue Geld wiederum nur verwendet wird, um Waffen, Gefängnisse und Wegwerfgüter zu kaufen, so wird sich nicht viel ändern. Man muss den Menschen auch mit anderem Geld die Möglichkeiten geben, ethisch einzukaufen und Produkte zu kaufen, welche die großen Probleme der Menschheit zu lösen versprechen!

    Die derzeitigen Probleme wurden meiner Meinung nach unter anderem durch zu kausale Denkmodelle verursacht. So gesehen sehe ich keinen Widerspruch zur Verwendung von Rheingold oder anderen Geldern und dem gleichzeitigem Kauf von sinnvollen Produkten. Denn auch unter Rheingold gilt: Wenn ich möchte, dass etwas geschieht, dann muss ich dafür zahlen!

    lg

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