Die Informative als vierte Staatsgewalt oder: Brauchen wir wirklich Lobbys?

Es gibt wieder einen interessanten Film, mit dem Titel "The Brussels Business. Who runs the European Union?", im Kino zu sehen:



Gleich vorweg: Ich habe den Film noch nicht gesehen. Aber jeder öffentliche Betrag, der den maroden Zustand unserer Demokratie aufzeigt und Diskussionen anregen kann, darf begrüßt werden.

Eine spannende Diskussion fand heute im Anschluss an die Filmvorführung im Burgkino in Wien statt, an der ich teilnahm. Am Podium waren unter anderem:
  • Franz Fischler - ehemaliger EU-Kommissar; 
  • Friedrich Moser - Regisseur und Drehbuchautor des Films; 
  • Alexandra Strickner - Vorstandsmitglied von ATTAC Österreich 
Franz Fischler überraschte mit einer ausgewogenen Sichtweise. Man spürte, dass ihm das Projekt EU am Herzen liegt. Er hatte jedoch auch einen kritischen Blick auf die derzeitige Verfassung und sah das einseitige Lobbying sehr wohl als Problem. Überrascht hatte mich der Kommentar vom Regisseur des Films - Friedrich Moser. Er meinte nämlich, dass Lobbying nicht per se schlecht sei und dass ja NGOs wie ATTAC oder Umweltverbände auch Lobbying betrieben. Ich stellte daraufhin in der Diskussion die Frage, ob denn nicht in einer funktionierenden Demokratie Lobbys überflüssig würden? Die Antwort war, dass es auch in Demokratien Lobbyarbeit zugunsten von Minderheiten bräuchte.

Ich möchte hier meinen Punkt noch ein wenig ausformulieren, denn es kommt natürlich darauf an, wie man Demokratie definiert. Erstens denke ich, dass es einen Unterschied macht, ob Industrievertreter Lobbying betreiben oder etwa Umweltvertreter. Denn wenn Vertreter eines Industriezweiges nach Brüssel fahren, so haben sie meist nur einen Auftrag: Den Gewinn ihrer Auftraggeber zu steigern. Somit versuchen sie, zu ihren eigenen Gunsten Einfluss auf die Politik zu nehmen. Im Gegensatz dazu haben sich NGOs wie ATTAC oder Umwelt-Organisationen ein Ziel auf die Fahnen geheftet, welches der Allgemeinheit dient. Im günstigsten Fall vertreten sie damit die Interessen aller. Gerade bei der Umwelt wird das deutlich: Ohne Planet gibt es auch keine Wirtschaft. Ihn zu schützen sollte Vorrang haben vor anderen Interessen wie beispielsweise der Gewinnmaximierung.

Dies führt gleich zum zweiten Punkt, nämlich: Sollten nicht in einer Demokratie sowieso die Interessen aller vertreten werden? Eine Demokratie sollte Herrschaft durch das Volk und für das Volk sein. Und damit ist das gesamte Volk gemeint, also ebenso die Minderheiten. Eigentlich sind doch die Politiker schon eine Lobby, nämlich die des gesamten Volkes. Warum wir in einer Demokratie dann noch Lobbys, welche wiederum Einfluss auf die Lobby des Volkes nehmen, brauchen, ist eigentlich unverständlich. Eine funktionierende Demokratie würde Lobbys überflüssig machen.

Nun ist ein Problem in unserer heutigen sogenannten Demokratie, dass die Mehrheit sehr manipulierbar ist und wir auch deshalb Minderheitenschutz und Lobbys zu brauchen scheinen. Die Manipulation erfolgt dabei unter anderem durch die Medien. Diese werden deshalb oft auch als Vierte Macht im Staat bezeichnet. Nun haben wir in unserem derzeitigen System das Problem, dass diese Macht wiederum in der privaten Hand Weniger und keineswegs demokratisch aufgestellt ist. Noam Chomsky beschrieb diese Problematik schon in seinem Buch mit dem treffenden Titel "Manufacturing Consent". Somit dienen die Massenmedien wiederum nicht dem Interesse der Allgemeinheit, sondern verbreiten fast nur die Propaganda ihrer Eigentümer.

Wäre es deshalb nicht sinnvoll, um einen Schritt hin zu mehr Transparenz und zu einer funktionierenderen Demokratie zu machen, eine wirkliche Informative, ähnlich der Idee einer Monetative, zu gründen? Eine kurze Recherche im Internet hat ergeben, dass es schon Menschen gibt, die sich mit dieser Thematik beschäftigen.

Ich denke, das sind die ernsthaft zu erwägenden Schritte: Nicht zusätzliches Lobbying brauchen die die Volksvertreter als Lobby aller, sondern mehr Transparenz, mehr Legitimation und kurz: Mehr Demokratie.

Kommentare