Was will Facebook mit Libra?


Facebook will also eine neue Kryptowährung namens Libra, in Zusammenarbeit mit anderen namenhaften Firmen gründen.
 
Libra soll ähnlich wie Bitcoin werden, weil es ohne Zentralbank auskommt und auf der Blockchain-Technologie beruht. Hier enden jedoch die Ähnlichkeiten. Denn Libra soll natürlich nicht von jedem in Umlauf gebracht werden dürfen, sondern nur von den großen Unternehmen, die teilnehmen. Und der Wert soll stabil gehalten werden:
 
„The plan is for the Libra token to be backed by financial assets such as a basket of currencies,[15]and US Treasury securities […]in an attempt to avoid volatility.“ (Wikipedia am 20.09.2019 um 17:46 Uhr)
 
 

Die Vorteile von Libra:

So eine Währung verspricht, wie viele Kryptowährungen, so einiges.
Ungefähr 1,7 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zum offiziellen Bankensystem. Kryptowährungen versprechen hier Abhilfe. Facebook alleine hätte mit seinen 2,4 Milliarden aktiven Usern sofort einen riesen Kundenstamm, der die neue Währung in Handelstransaktionen verwenden könnte. In Verbindung mit den angeschlossenen Unternehmen könnte sich eine solche Währung als die neue digitale Weltwährung herausstellen. Man könnte am internationalen Handel teilnehmen, ohne ein Konto zu besitzen. Überweisungen könnten schneller voran gehen, als heute. Durch das Konsortium könnte von Anfang an auf einen riesen Kundenstamm mit Millionen Verbindungen zurück gegriffen werden.

Die ökonomischen Probleme von Libra:

Nun, alleine ökonomisch macht so eine Währung wenig Sinn, wenn sie zu 100 Prozent gedeckt sein sollte. Denn wenn die Währung im Vergleich zu anderen stabil gehalten werden soll und zu hundert Prozent durch Dollar und andere Währungen besichert wird: Wieso nimmt man nicht gleich diese Währungen, um zu zahlen? Wozu nehme ich Libra, wenn ich Dollar nehmen könnte? Wenn Facebook sowieso nur diese Dollar nimmt, hinterlegt und mir Libra dafür gibt? Für jeden in Umlauf gebrachten Libra müsste ja das Libra Konstortium einen Dollar sicher hinterlegen. Es wäre also kein Vorteil, Libra statt Dollar zu nehmen, sieht man vom Zinsertrag ab, den die hinterlegten Dollar erbringen würden. Als User hätte ich den Nachteil, dass Libra nur im Netzwerk des Konsortiums gilt. Der Dollar gilt jedoch beinahe weltweit als Leitwährung. Er ist viel liquider als Libra.
 
Vermutlich würde dadurch sogar Libra auf den unterschiedlichen Marktplätzen mit einem Abschlag zum Dollar gehandelt werden. Denn mit Dollar kann ich beinahe überall auf der Welt zahlen. Mit Libra nur in den angehörigen Unternehmen. Libra ist so gesehen unpraktischer als der Dollar. Sollte jedoch der Wert von Libra gegenüber dem Dollar sinken, so müsste Facebook ja versuchen, den Wert durch eigene Librakäufe auf den Sekundermärtken zu stützen, was sich als ökonomischer Selbstmord herausstellen könnte. Würde die Währung nämlich auch nur ein wenig schwanken, würden sofort Spekulanten auftreten, die wiederum die Schwankungen durch ihre Käufe und Verkäufe verstärken könnten. Ob das Libra-Konsortium der Finanzmacht der weltweiten Währungsspekulanten gewachsen ist, darf hinterfragt werden.
 
Die Schweizerische Zentralbank, die man nicht unbedingt als ohnmächtig bezeichnen kann, versuchte auch über Jahre den Schweizer Franken auf einem stabilen Wechselkurs zu belassen, indem sie Schweizer Franken „druckte“ und damit Euro kaufte. Irgendwann musste auch sie das aufgeben und der Kurs schnellte nach oben. Sie konnte dem Aufwertungsdruck nicht standhalten.
Ob Facebooks Libra einem Aufwertungsdruck oder Abwertungsdruck widerfahren könnte, ist unvorhersagbar und hängt von vielen Faktoren ab. Facebook müsste jedoch, um beispielsweise einem Abwertungsdruck entgegen zu wirken, ständig Dollar in die Hand nehmen, und sie gegen Libra verkaufen. Damit würde der Kurs von Libra im Vergleich zum Dollar gleich bleiben. Eine solche Währung zu stabilisieren, ist immens teuer.

Worum geht es Facebook?

Doch Facebook geht es nicht darum, eine stabilere Währung als den Dollar zu schaffen. Es geht auch nicht darum, unabhängig von Zentralbanken zu sein. Facebook geht es, wie könnte es anders sein, um Daten. Sie wollen Wissen über die Zahlungsströme und das Einkaufsverhalten ansammeln, es in Big Data einspeisen. Da in Facebook sämtliche zwei Milliarden Menschen mit Klarnamen gespeichert sein müssen (Facebook ist die größte Abbildung von Menschheitsbeziehungen der Geschichte!), könnte man so ungeheuer viele Informationen zusammenstellen. Das Einkaufsverhalten von Milliarden Menschen zu analysieren und zu verwerten könnte sich als Goldgrube herausstellen. Es geht also um Informationen. Es geht um Macht.

Der Vergleich mit China

Und hier ist der Schritt dann nicht weit zum Social Credit System, welches bereits in China installiert wird. In manchen Gegenden Chinas werden bereits sämtliche überwachten Daten in ein Ranking-System gegossen. Verstößt man gegen irgendwelche Vorgaben, so kann man in diesem Ranking-System nach unten rutschen. Wird man beim bei Rot über die Ampel gehen erwischt, so kann man Punkte verlieren. Spielt man zu laut Musik im Zug: Punkteabzug. Man spricht kritisch über China oder erwähnt Taiwan? Runter mit der Score! Politische Widerstand kann sofort gebrochen werden dadurch. Die Folgen von einer zu niedrigen Score: Man darf nicht mehr fliegen. Man darf nicht mehr mit dem Zug fahren. Deine Kinder dürfen nicht an eine gute Schule. Du zahlst höhere Zinsen für deine Kredite oder musst sie schneller abbezahlen. Dein Gesicht wird öffentlich gezeigt. George Orwell hätte sich das nicht ausdenken können.
Einerseits ermöglicht dies eine Steuerung breiter Bevölkerungsgruppen. Andererseits zementiert es die Macht derjenigen, die das System kontrollieren.
In China gibt man dem Staat diese Macht. Im Westen sind es die Großkonzerne, die diese Macht vereinen.

Worum geht es also bei Libra?

Es geht um Information! Es geht um Kontrolle! Libra könnte der erste Schritt sein, ein solches System auch im Westen zu etablieren. Die Großkonzerne, die diese Informationen steuern und sammeln, könnten damit ein ähnliches System wie in China etablieren.
“Geld ist gedruckte Freiheit”,
soll schon Dostojewski gesagt haben. Ziemlich sicher hat er nicht Libra damit gemeint. Es gilt, wachsam zu bleiben.

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