In der Schule haben wir gelernt, was Inflation ist: Im Vergleich zur Warenmenge steigt die Geldmenge übermäßig an. Dadurch sinkt der Wert des Geldes. Die Preise steigen.
Berechnet wird die Inflation mit einem Warenkorb. In diesen werden durchschnittliche Waren hineingenommen. Man sieht sich die Preise dieser Waren an und vergleicht sie mit den Preisen selbiger ein Jahr später. Sind die Preise gestiegen, so gibt es Inflation.
Geld kommt durch Kredite in Umlauf. Wenn also die Europäische Zentralbank die Geldmenge ausdehnen möchte, senkt sie den Zinssatz für das Geld. Nun ist dieser schon seit Jahren auf sehr niedrigem Niveau. Aber warum kommt keine Inflation, obwohl die Wirtschaftsleistung in der letzten Zeit nicht hoch war?
Vielleicht, weil das, was wir über Inflation zu wissen glauben, falsch ist.
Der erste Kritikpunkt betrifft die Geldmenge:
Es ist weitläufig bekannt, dass man die Geldmenge nicht fixieren oder bestimmen kann, bzw. dass jede Fixierung immer eine willkürliche Definition ist. Normalerweise wird die Geldmenge immer unterteilt in M0, M1, M2. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Geldmenge
Alleine schon der Fakt, dass jede Zentralbank hier ihre eigene Einteilung trifft zeigt, dass es keine anerkannte, unhinterfragbare Geldmengendefinition gibt.
(Denn dazu bräuchte man auch eine anerkannte Definition von Geld, aber das ist eine andere Geschichte)
Vielleicht ist auch das der Grund, weshalb Zentralbanken diese Berechnung auch willkürlich ändern können. Wie im Jahr 2006, als die amerikanische Zentralbank aufhörte, die Geldmenge M3 zu publizieren: http://www.federalreserve.gov/releases/h6/20060316/
Dies zeigt, dass die "Geldmenge" eigentlich kein fixer Gegenstand ist, den man mit einer Warenmenge vergleichen könnte.
Der zweite Kritikpunkt trifft die Warenmenge:
Hier wird ein durchschnittlicher Warenkorb benutzt. Die Güter werden in Kategorien eingeteilt und danach entsprechend gewichtet (Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Warenkorb)
Die Frage, die man sich augenscheinlich zuerst stellen kann, ist, warum hier mit Durchschnitten gerechnet wird. Wenn man in seinen Einkäufen stark vom Durchschnitt abweicht, zum Beispiel keinen Alkohol trinkt oder nicht in Hotels übernachtet, dann trifft der Warenkorb und damit die Inflationsrate nicht auf einen zu. Produkte ändern sich beständig. Man kauft kaum das selbe Produkt, die selbe Dienstleistung ein zweites Mal. Anders ausgedrückt: Was heute Ware ist, ist morgen Müll und war gestern vielleicht auch Müll.
Unterschiedliche Länder verwenden unterschiedliche Warenkörbe und verändern diese über die Zeit. Eine Vergleichbarkeit wird dadurch unmöglich.
Und wenn man zum Beispiel die Preise von Gold, Aktien oder Rohöl hernimmt, um die Inflationsrate zu berechnen, so sieht man, dass im Vergleich zu diesen Warenmengen die Inflationsrate immens hoch war! (Der Goldpreis ist seit 2001 stetig gestiegen, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldpreis#Aufw.C3.A4rtstrend_seit_2001). Man sieht, jede Definition der Warenmenge verändert die Inflationsrate.
Also ist auch die Warenmenge keine Entität, die man auf eine Geldmenge beziehen könnte.
Folgen:
Man erkennt aus obigen Aufzählungen, dass die Inflationsrate der Willkür unterlegen ist. Es wird die eine willkürliche Zahl mit der anderen willkürlichen Zahl verglichen. Die Berechnungsmethoden können jederzeit politisch motiviert verändert werden (und werden sie vermutlich auch).
Interessant wird das natürlich unter dem Aspekt, dass die Inflationserwartungen in die Gehaltsverhandlungen einfließen. Wenn die Gewerkschaft zum Verhandlungstisch geht, so versucht sie, die zukünftige Inflation in die Verhandlungen miteinzubeziehen. Ist ihr klar, dass sie hier eine politisch motivierte Zahl verwendet? Nur: durch welche Motivation getrieben? Wer erstellt die Zahl?
Noch konfuser wird es, wenn man bedenkt, dass diese Gehaltssteigerungen über die Personalkosten wiederum in die Preise der Endgüter einberechnet werden, diese in die Inflationsrate und diese wiederum in die zukünftige Inflationserwartung einfließt. Die Inflationskatze beißt sich in den Preisschwanz.
Aufgrund dessen bin ich auf den Gedanken gekommen, dass es so etwas wie den Bullwhip-Effekt auch bei der Inflation geben könnte.
Der Bullwhip-Effekt des Geldwertes:
Denn irgendwer muss anfangen bei der Preissteigerung. Irgendwo muss sich der Glaube manifestieren, dass die Preise steigen. Es verlangt einfach jemand mehr für seine Ware. Dies kann er gerne durch irgendeine willkürliche Berechnung rechtfertigen. Das veranlasst seinen Käufer, ebenfalls mehr für die von ihm gekaufte Ware zu verlangen. Er denkt sich jedoch, dass er gleich mehr hinzurechnet, weil er ja dieses Mal einen kleinen Verlust gemacht hat. So geht es durch die ganze Kette bis zum Endverbraucher. Zufällig ist dadurch ein hoch gewichtetes Produkt im Warenkorb enorm teurer geworden, was die Inflationsrate in die Höhe schnellen lässt. Die Gewerkschaft zeigt auf die gestiegene Rate und bemerkt, dass dies im Folgejahr ebenfalls passieren könnte. Also werden die Gehälter höher und die Personalkosten steigen. Die Unternehmen wiederum berechnen dies in die Preise ein und wir sind wieder am Anfang. Wenn sich einmal der Glaube an eine Preissteigerung manifestiert, kann das große Auswirkungen haben.
Dieses Phänomen kennt man im Supply-Chain-Management unter dem Namen Bullwhip-Effekt. Kleine Änderungen in der Endnachfrage nach Gütern können große Lager- und Produktionsschwankungen am Anfang der Versorgungskette nach sich ziehen.
Denkbar, dass so etwas auch bei Preisen geschieht. Kleine Änderungen beim Preis am einen Ende der Wirtschaft ziehen große Änderungen in den Preisen am anderen Ende nach sich.
Aber es wird noch interessanter, wenn wir uns fragen:
Was ist ein Preis?
Schauen wir nochmal zur anfänglichen Definition zurück, bei der wir gesagt haben, dass die Inflation durch Preisvergleich zwischen verschiedenen Zeitperioden ermittelt wird. Hier müsste man sich zunächst die Frage stellen, was ein Preis überhaupt ist und wie er zustande kommt.
Ein Preis ist die Anzahl von Geldeinheiten, die ich für ein bestimmtes Produkt hergebe. Gleichzeitig ist er auch die Anzahl von Geldeinheiten, die ich für mein Produkt bekomme. Er drückt ein Verhältnis aus. Die Frage hier natürlich ist, ob man ein Verhältnis auf eine Warenmenge beziehen kann. Anders gefragt: Kann man eine Quantität auf eine Relation sinnvoll mathematisch beziehen? Kann man überhaupt mathematisch sinnvoll ein Verhältnis, das Preise darstellen, auf eine Warenmenge beziehen, also eine Relation in Relation zu einer Menge stellen und dann bemerken, dass die Relation um ein paar Prozent gestiegen ist?
Selbst wenn man das könnte wäre die Relation für jeden Menschen eine andere.
Ein Beispiel: Angenommen, eine Stunde Arbeit bringt mir 8 Euro. Um diese 8 Euro kann ich mir zum Beispiel 8 Wurstsemmeln kaufen. So gesehen ist eine Wurstsemmel eine Achtel Arbeitsstunde wert und umgekehrt eine Stunde acht Wurstsemmeln. Jetzt kosten Wurstsemmeln nicht überall gleich viel. Und nicht jeder verdient in einer Arbeitsstunde genau gleich viel. Für jemanden, der 80 Euro in der Stunde verdient, ist eine Arbeitsstunde dann 80 Wurstsemmeln wert. Man sieht, auch wenn man eine Geldmengenänderung sinnvoll messen könnte, würde diese bei unterschiedlichen Einkommensschichten unterschiedliche Auswirkungen haben. Oder an anderen Orten, mit anderen Preisen. Hier mit einem gewichteten Warenkorb zu rechnen ist deshalb falsch, weil alleine schon die Einkommen nicht durchschnittlich verteilt sind sondern eher 80% der Menschen 20% der Einkommen beziehen und umgekehrt.
Hinter den üblichen Erklärungen von Preisen stehen immer Überlegungen von Wert oder vom "Gesestz" von Angebot und Nachfrage. Dass Dinge abseits von ihrem Preis noch einen inneren Wert haben, der irgendwo versteckt liegen soll, darf ebenfalls hinterfragt werden. Und wenn man an moderne Finanzprodukte am Terminmarkt denkt, mit denen man auch auf fallende Preise wetten kann und sie dadurch beeinflusst, so kann man auch das Dogma von Angebot und Nachfrage fallen lassen.
Die Weltenformel:
Der Glaube daran, eine Inflationsrate berechnen zu können fußt eigentlich auf einem epistemologischen Missverständnis. Inflation kann man deshalb gar nicht berechnen, weil es keine Weltenformel für das menschliche Verhalten gibt. Vom Zusammenspiel von Mensch und Natur möchte ich gar nicht anfangen. Wenn ich wirklich eine Formel hätte, die mir eine Inflationsrate berechnen könnte, dann müsste diese Formel auch das zukünftige Verhalten von Menschen berechnen können. Ich könnte dann in diese Formel einsetzen, wieviele Scheine ich drucke und wieviele Güter ich produziere. Die Formel müsste mir dann "berechnen", was die Menschen mit den Gütern und Scheinen anstellen und als Ergebnis hätte ich die Inflation. Dies ist alleine schon bei der schieren Anzahl an Menschen und Gütern nicht möglich. Die Wirtschaft ist keine Maschine, bei der man oben eine Geldmenge hineinwirft und unten eine Inflation herausbekommt. Preise werden durch Verhandlungen, Erwartungen, Machtspiele, Glaubensfragen, Weltsichten, Zufall usw. gebildet. Waren verändern sich, Produktionsweisen ändern sich, Märkte ändern sich, die Arten, wie wir Preise bilden, ändern sich.
Der Fehler liegt also im Glauben der Berechenbarkeit von menschlichen Handlungen. Im Nichterkennen von Dynamik und Veränderung des Wirtschaftslebens. Im falschen Anwenden der Mathematik. Im Verwechseln von Gegenständen mit Prozessen. Im Überschätzen unserer erkenntnistheoretischen Möglichkeiten.
Nach all dem Gesagten ist es kein Wunder, dass keine Inflation kommt. Oder dass sie kommt. Es ist die Frage nach der Inflation, die falsch gestellt ist. Inflation ist einfach ein konstruierter, willkürlicher Wert, der auf einem Missverständnis beruht, unberechenbar ist und im besten Fall als politisches Mittel eingesetzt wird. Ob Inflation da ist oder nicht, hängt von dem ab, der sie berechnet.
Was ich nicht sagen möchte ist, dass es nicht das Phänomen der steigenden Preise gibt. Für viele Menschen bedeutet dieses Phänomen eine tägliche Tragödie. Perioden, in denen von außen und mittels falscher Berechnungen Inflation diagnostiziert wird, sind im Allgemeinen für die Bevölkerung keine schönen Zeiten. Ob und wie eine solche Zeit jedoch mit zusätzlichem Gelddrucken zusammenhängt, ist in meinen Augen noch nicht genügend untersucht. Ein allgemeiner Zweifel an der Berechnung, altvorgebrachten Begründung und Verwendung der Inflation ist jedoch auf jeden Fall angebracht. Mit anderen Worten: Das Konzept der Inflation ist zu beschränkt, um den beobachtbaren (und auch den unbeobachtbaren) Phänomenen gerecht zu werden.
Berechnet wird die Inflation mit einem Warenkorb. In diesen werden durchschnittliche Waren hineingenommen. Man sieht sich die Preise dieser Waren an und vergleicht sie mit den Preisen selbiger ein Jahr später. Sind die Preise gestiegen, so gibt es Inflation.
Geld kommt durch Kredite in Umlauf. Wenn also die Europäische Zentralbank die Geldmenge ausdehnen möchte, senkt sie den Zinssatz für das Geld. Nun ist dieser schon seit Jahren auf sehr niedrigem Niveau. Aber warum kommt keine Inflation, obwohl die Wirtschaftsleistung in der letzten Zeit nicht hoch war?
Vielleicht, weil das, was wir über Inflation zu wissen glauben, falsch ist.
Der erste Kritikpunkt betrifft die Geldmenge:
Es ist weitläufig bekannt, dass man die Geldmenge nicht fixieren oder bestimmen kann, bzw. dass jede Fixierung immer eine willkürliche Definition ist. Normalerweise wird die Geldmenge immer unterteilt in M0, M1, M2. Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Geldmenge
Alleine schon der Fakt, dass jede Zentralbank hier ihre eigene Einteilung trifft zeigt, dass es keine anerkannte, unhinterfragbare Geldmengendefinition gibt.
(Denn dazu bräuchte man auch eine anerkannte Definition von Geld, aber das ist eine andere Geschichte)
Vielleicht ist auch das der Grund, weshalb Zentralbanken diese Berechnung auch willkürlich ändern können. Wie im Jahr 2006, als die amerikanische Zentralbank aufhörte, die Geldmenge M3 zu publizieren: http://www.federalreserve.gov/releases/h6/20060316/
Dies zeigt, dass die "Geldmenge" eigentlich kein fixer Gegenstand ist, den man mit einer Warenmenge vergleichen könnte.
Der zweite Kritikpunkt trifft die Warenmenge:
Hier wird ein durchschnittlicher Warenkorb benutzt. Die Güter werden in Kategorien eingeteilt und danach entsprechend gewichtet (Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Warenkorb)
Die Frage, die man sich augenscheinlich zuerst stellen kann, ist, warum hier mit Durchschnitten gerechnet wird. Wenn man in seinen Einkäufen stark vom Durchschnitt abweicht, zum Beispiel keinen Alkohol trinkt oder nicht in Hotels übernachtet, dann trifft der Warenkorb und damit die Inflationsrate nicht auf einen zu. Produkte ändern sich beständig. Man kauft kaum das selbe Produkt, die selbe Dienstleistung ein zweites Mal. Anders ausgedrückt: Was heute Ware ist, ist morgen Müll und war gestern vielleicht auch Müll.
Unterschiedliche Länder verwenden unterschiedliche Warenkörbe und verändern diese über die Zeit. Eine Vergleichbarkeit wird dadurch unmöglich.
Und wenn man zum Beispiel die Preise von Gold, Aktien oder Rohöl hernimmt, um die Inflationsrate zu berechnen, so sieht man, dass im Vergleich zu diesen Warenmengen die Inflationsrate immens hoch war! (Der Goldpreis ist seit 2001 stetig gestiegen, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Goldpreis#Aufw.C3.A4rtstrend_seit_2001). Man sieht, jede Definition der Warenmenge verändert die Inflationsrate.
Also ist auch die Warenmenge keine Entität, die man auf eine Geldmenge beziehen könnte.
Folgen:
Man erkennt aus obigen Aufzählungen, dass die Inflationsrate der Willkür unterlegen ist. Es wird die eine willkürliche Zahl mit der anderen willkürlichen Zahl verglichen. Die Berechnungsmethoden können jederzeit politisch motiviert verändert werden (und werden sie vermutlich auch).
Interessant wird das natürlich unter dem Aspekt, dass die Inflationserwartungen in die Gehaltsverhandlungen einfließen. Wenn die Gewerkschaft zum Verhandlungstisch geht, so versucht sie, die zukünftige Inflation in die Verhandlungen miteinzubeziehen. Ist ihr klar, dass sie hier eine politisch motivierte Zahl verwendet? Nur: durch welche Motivation getrieben? Wer erstellt die Zahl?
Noch konfuser wird es, wenn man bedenkt, dass diese Gehaltssteigerungen über die Personalkosten wiederum in die Preise der Endgüter einberechnet werden, diese in die Inflationsrate und diese wiederum in die zukünftige Inflationserwartung einfließt. Die Inflationskatze beißt sich in den Preisschwanz.
Aufgrund dessen bin ich auf den Gedanken gekommen, dass es so etwas wie den Bullwhip-Effekt auch bei der Inflation geben könnte.
Der Bullwhip-Effekt des Geldwertes:
Denn irgendwer muss anfangen bei der Preissteigerung. Irgendwo muss sich der Glaube manifestieren, dass die Preise steigen. Es verlangt einfach jemand mehr für seine Ware. Dies kann er gerne durch irgendeine willkürliche Berechnung rechtfertigen. Das veranlasst seinen Käufer, ebenfalls mehr für die von ihm gekaufte Ware zu verlangen. Er denkt sich jedoch, dass er gleich mehr hinzurechnet, weil er ja dieses Mal einen kleinen Verlust gemacht hat. So geht es durch die ganze Kette bis zum Endverbraucher. Zufällig ist dadurch ein hoch gewichtetes Produkt im Warenkorb enorm teurer geworden, was die Inflationsrate in die Höhe schnellen lässt. Die Gewerkschaft zeigt auf die gestiegene Rate und bemerkt, dass dies im Folgejahr ebenfalls passieren könnte. Also werden die Gehälter höher und die Personalkosten steigen. Die Unternehmen wiederum berechnen dies in die Preise ein und wir sind wieder am Anfang. Wenn sich einmal der Glaube an eine Preissteigerung manifestiert, kann das große Auswirkungen haben.
Dieses Phänomen kennt man im Supply-Chain-Management unter dem Namen Bullwhip-Effekt. Kleine Änderungen in der Endnachfrage nach Gütern können große Lager- und Produktionsschwankungen am Anfang der Versorgungskette nach sich ziehen.
Denkbar, dass so etwas auch bei Preisen geschieht. Kleine Änderungen beim Preis am einen Ende der Wirtschaft ziehen große Änderungen in den Preisen am anderen Ende nach sich.
Aber es wird noch interessanter, wenn wir uns fragen:
Was ist ein Preis?
Schauen wir nochmal zur anfänglichen Definition zurück, bei der wir gesagt haben, dass die Inflation durch Preisvergleich zwischen verschiedenen Zeitperioden ermittelt wird. Hier müsste man sich zunächst die Frage stellen, was ein Preis überhaupt ist und wie er zustande kommt.
Ein Preis ist die Anzahl von Geldeinheiten, die ich für ein bestimmtes Produkt hergebe. Gleichzeitig ist er auch die Anzahl von Geldeinheiten, die ich für mein Produkt bekomme. Er drückt ein Verhältnis aus. Die Frage hier natürlich ist, ob man ein Verhältnis auf eine Warenmenge beziehen kann. Anders gefragt: Kann man eine Quantität auf eine Relation sinnvoll mathematisch beziehen? Kann man überhaupt mathematisch sinnvoll ein Verhältnis, das Preise darstellen, auf eine Warenmenge beziehen, also eine Relation in Relation zu einer Menge stellen und dann bemerken, dass die Relation um ein paar Prozent gestiegen ist?
Selbst wenn man das könnte wäre die Relation für jeden Menschen eine andere.
Ein Beispiel: Angenommen, eine Stunde Arbeit bringt mir 8 Euro. Um diese 8 Euro kann ich mir zum Beispiel 8 Wurstsemmeln kaufen. So gesehen ist eine Wurstsemmel eine Achtel Arbeitsstunde wert und umgekehrt eine Stunde acht Wurstsemmeln. Jetzt kosten Wurstsemmeln nicht überall gleich viel. Und nicht jeder verdient in einer Arbeitsstunde genau gleich viel. Für jemanden, der 80 Euro in der Stunde verdient, ist eine Arbeitsstunde dann 80 Wurstsemmeln wert. Man sieht, auch wenn man eine Geldmengenänderung sinnvoll messen könnte, würde diese bei unterschiedlichen Einkommensschichten unterschiedliche Auswirkungen haben. Oder an anderen Orten, mit anderen Preisen. Hier mit einem gewichteten Warenkorb zu rechnen ist deshalb falsch, weil alleine schon die Einkommen nicht durchschnittlich verteilt sind sondern eher 80% der Menschen 20% der Einkommen beziehen und umgekehrt.
Hinter den üblichen Erklärungen von Preisen stehen immer Überlegungen von Wert oder vom "Gesestz" von Angebot und Nachfrage. Dass Dinge abseits von ihrem Preis noch einen inneren Wert haben, der irgendwo versteckt liegen soll, darf ebenfalls hinterfragt werden. Und wenn man an moderne Finanzprodukte am Terminmarkt denkt, mit denen man auch auf fallende Preise wetten kann und sie dadurch beeinflusst, so kann man auch das Dogma von Angebot und Nachfrage fallen lassen.
Die Weltenformel:
Der Glaube daran, eine Inflationsrate berechnen zu können fußt eigentlich auf einem epistemologischen Missverständnis. Inflation kann man deshalb gar nicht berechnen, weil es keine Weltenformel für das menschliche Verhalten gibt. Vom Zusammenspiel von Mensch und Natur möchte ich gar nicht anfangen. Wenn ich wirklich eine Formel hätte, die mir eine Inflationsrate berechnen könnte, dann müsste diese Formel auch das zukünftige Verhalten von Menschen berechnen können. Ich könnte dann in diese Formel einsetzen, wieviele Scheine ich drucke und wieviele Güter ich produziere. Die Formel müsste mir dann "berechnen", was die Menschen mit den Gütern und Scheinen anstellen und als Ergebnis hätte ich die Inflation. Dies ist alleine schon bei der schieren Anzahl an Menschen und Gütern nicht möglich. Die Wirtschaft ist keine Maschine, bei der man oben eine Geldmenge hineinwirft und unten eine Inflation herausbekommt. Preise werden durch Verhandlungen, Erwartungen, Machtspiele, Glaubensfragen, Weltsichten, Zufall usw. gebildet. Waren verändern sich, Produktionsweisen ändern sich, Märkte ändern sich, die Arten, wie wir Preise bilden, ändern sich.
Der Fehler liegt also im Glauben der Berechenbarkeit von menschlichen Handlungen. Im Nichterkennen von Dynamik und Veränderung des Wirtschaftslebens. Im falschen Anwenden der Mathematik. Im Verwechseln von Gegenständen mit Prozessen. Im Überschätzen unserer erkenntnistheoretischen Möglichkeiten.
Nach all dem Gesagten ist es kein Wunder, dass keine Inflation kommt. Oder dass sie kommt. Es ist die Frage nach der Inflation, die falsch gestellt ist. Inflation ist einfach ein konstruierter, willkürlicher Wert, der auf einem Missverständnis beruht, unberechenbar ist und im besten Fall als politisches Mittel eingesetzt wird. Ob Inflation da ist oder nicht, hängt von dem ab, der sie berechnet.
Was ich nicht sagen möchte ist, dass es nicht das Phänomen der steigenden Preise gibt. Für viele Menschen bedeutet dieses Phänomen eine tägliche Tragödie. Perioden, in denen von außen und mittels falscher Berechnungen Inflation diagnostiziert wird, sind im Allgemeinen für die Bevölkerung keine schönen Zeiten. Ob und wie eine solche Zeit jedoch mit zusätzlichem Gelddrucken zusammenhängt, ist in meinen Augen noch nicht genügend untersucht. Ein allgemeiner Zweifel an der Berechnung, altvorgebrachten Begründung und Verwendung der Inflation ist jedoch auf jeden Fall angebracht. Mit anderen Worten: Das Konzept der Inflation ist zu beschränkt, um den beobachtbaren (und auch den unbeobachtbaren) Phänomenen gerecht zu werden.
guter Kommentar
AntwortenLöschenAlso ich versteh deine Argumentation nicht ganz. Zwar magst du Recht haben, dass die Theorie, was Inflation ist (also Warenmenge - Geldmenge), nicht ansatzweise die Realität abbilden kann. Aber die Berechnung der Inflation im Alltag funktioniert ja genau nicht über diese theoretische Formel mit nicht berechenbaren Grössen, sondern über den Warenkorb. Und hier merkst du, dass die Inflation sehr wohl stattfindet. Dazu musst du nur einer längeren Zeitabschnitt betrachten. Wenn du Preise von 1950 mit Preisen von 2000 vergleichst, wirst du feststellen, dass die Preise gestiegen sind, ganz egal wie du deinen Warenkorb zusammen stellst und auch wenn du sämtliche Waren in deine Berechnung nehmen könntest.
AntwortenLöschenAuch deine Zweifel am Zusammenhang zwischen Erhöhung der Geldmenge und Inflation kann ich nicht nachvollziehen. Natürlich kann die willkürliche Berechnung der Inflation eine Effekt haben infolge der zukünftig erwarteten Inflation. Aber ohne Ausweitung der Geldmenge wäre gar kein Geld vorhanden diese Mehrkosten zu bezahlen, weshalb mir dieser Zusammenhang viel gewichtiger erscheint. Es ist nun mal so, dass mehr Geld eine grössere Nachfrage auslöst. Auch wenn einzelne Menschen dadurch nicht mehr Geld haben und andere es horten oder was weiss ich machen, wird die Nachfragen im Durchschnitt ansteigen. Man nehme als Beispiel die Abwrackprämie in Deutschland. Obwohl 400€ bei einem neuen Auto meist einem Tropfen auf dem heissen Stein gleicht und die meisten Deutschen vermutlich nicht unbedingt ein neues Auto brauchen, gar kein Auto besitzen, oder sich ein neues Auto nicht leisten können, steigt die Nachfrage, sobald der Staat jedem Autokäufer 400€ ans Auto zahlt. Gleich muss es sich auch beim Geld verhalten: Wenn der Staat mehr Geld in Umlauf gibt steigt die durchschnittliche Nachfrage nach allen Gütern. Mehr Geld ist ja nicht anderes als mehr Gutscheine für Waren. Nichts anderes als weitere 400€ Prämien, die aber diesmal nicht nur für Autos, sondern für alle Güter eingesetzt werden können. Und weil die Erfahrung zeigt dass die Preise über die Jahre und Jahrzehnte steigen (also die Gutscheine an Wert verlieren), wird keiner so blöd sein, die Gutscheine allzu lange behalten, was wie gesagt grössere Nachfrage zur Folge hat. Dieser Effekt würde auch eintreten, wenn kein Staat irgendeine willkürliche Inflationsrate publizieren würde. Was wiederum der Blick in die Geschichte zeigt; es gab nämlich schon immer Inflation, seit bestimmte geldähnliche Gegenstände in grosser Zahl als Zahlungsmittel verwendet werden. Und dies in einer Zeit in der man weit davon entfernt war, irgendwelche Inflationsraten zu berechnen.
Freundlichst,
Murdock