Geld und Gier - Teil 2



Keynes

Eine Ursache für die Gier nach Geld könnte auch in der allgemeinen Verwendungsmöglichkeit des Geldes liegen. Der Ökonom John Maynard Keynes baute diesen Gedanken sogar in seine Allgemeine Theorie ein, welche uns bis heute über den Keynesianismus in wirtschaftspolitischen Empfehlungen begleitet. Keynes fragte sich, weshalb Menschen überhaupt Geld nachfragen. Seine Antwort war, dass Geld einmal primär liquide sei. Liquidität bedeutet hier grob gesagt nichts Anderes, als dass Geld allgemein anerkannt ist und man es daher sehr leicht gegen andere Dinge tauschen kann. Ich kann Geld gegen Arbeit tauschen oder gegen Güter und es wird gerne angenommen werden. Keynes kam daraufhin zu drei Motiven für die Geldhortung: Erstens aufgrund von Transaktionsmöglichkeiten. Da Einkommen schwanken können, muss man sich einen gewissen Geldstock bewahren, um seine Ausgaben decken zu können. Zweitens das Vorsichtsmotiv: Für den Fall eines unerwarteten Events braucht man einen Geldpolster. Drittens das spekulative Motiv: Man muss liquide sein, um mögliche finanzielle Chancen ausnützen zu können.
Geld kann diese drei Motive eben sehr gut erfüllen, da es das allgemeine Tauschmittel darstellt. Somit wäre auch ein Erklärungsversuch für die Gier nach Geld in der übermäßigen Ausprägung obiger drei Motive zu suchen. Auch wenn Keynes nicht explizit die Gier ansprach, könnte seine Unterscheidung auch als Erklärungsmuster der Gier nach Geld dienen.

Substanzlosigkeit des Geldes selber

Eine weitere Erklärung könnte in der Beschaffenheit des Geldes liegen. Die Gier nach immer mehr Geld ist substanzlos, genauso, wie das Geld selber substanzlos geworden ist. Es ist nur noch bedrucktes Papier oder überhaupt nur noch Bytes im Computer. Das könnte es anfällig für Gier machen. Denn an Zahlen kann man nicht genug haben. Es gibt (fast) keine Grenze dafür, wie viele Nullen man im Computer noch einem Konto hinzufügen kann.
Gier selber ist sinnlos. Sie ist ein Verlangen nach Mehr, das zu einem Selbstzweck geworden ist. Denn wann ist man nicht gierig? Wenn man etwas anhäuft, um ein Ziel zu erreichen, so endet das Anhäufen mit dem Erreichen des Zieles. Die Gier jedoch kennt keine Grenzen und kennt kein Ende, egal wie viel man erreicht. Wie ein Süchtiger versucht man nur, mehr des Suchtmittels zu bekommen. Da die Gier sich nicht mehr auf die Substanz selber bezieht, kann sie sich auch auf substanzlose Dinge beziehen. Wenn das Geld selber immer digitaler wird, dann erwacht potenziell die Gier danach. Gier und Geld werden eben zum Zweck an sich. Wenn ich gierig nach Geld bin, so versuche ich gerade nicht, Geld zu bekommen, um anschließend etwas mit diesem Geld zu tun. Sondern ich versuche Geld zu bekommen, um Geld zu bekommen. Das Geld wird damit zum Gott, zum Unbegründbaren. Ich muss nicht mehr rechtfertigen, wozu ich mehr Geld haben möchte. Ich muss auch nicht erklären, wieso ich das mache. Wie beim Süchtigen wird bei jedem zusätzlichen Euro meine Sucht nur noch größer. Genau so, wie ich die Sucht nach Nikotin nicht mit einer zusätzlich angezündeten Zigarette bekämpfen kann. Geld eignet sich aufgrund seiner relativen Substanzlosigkeit sehr gut für dieses Suchtverhalten. Wäre ich beispielsweise gierig nach Milch, so hätte ich mehrere Probleme: Erstens wird meine Milch mit der Zeit schlecht. Sie wäre also nicht lagerbar, was dem Streben nach immer Mehr zuwiderliefe. Zweitens wird mir schlecht, wenn ich zu viel Milch trinke. Durch die spezielle Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel kann es nicht schlecht werden. Außerdem kann ich dadurch Geld ansparen. Egal wie viel ich davon habe, körperlich schlecht wird mir nicht unmittelbar davon werden. Geld kennt eben keinen fallenden Grenznutzen, würden die Ökonomen sagen. Wenn das Geld also weg von Gold, hin zu Papier und schließlich nur mehr zu Zahlen im Computer geht, so verliert es immer mehr an Substanziellem und kann damit immer mehr potenzielles Ziel der Gier werden.

Diese Blogreihe versucht der Gier nach Geld auf die Spur zu kommen! Der dritte Teil ist hier zu finden!

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