Dienen wir der Technik oder dient die Technik uns?

Die Blogosphäre ist meiner Meinung nach nicht leicht zu durchschauen. Man surft durch das Netz und immer wieder fällt die Aussage, man müsste bloggen, man sollte bloggen, sonst wäre man weg vom Fenster. Von Deutschland als Blogger-Entwicklungsland wird gesprochen.

International werden immer die Erfolge von Blogs gefeiert. Da spricht zum Beispiel Jeff Jarvis darüber, wie er durch seine Kritik am HP-Konzern diesen zum Umdenken und mehr Kundenorientierung verhalf, also quasi der Blog als demokratische Kontrolle der Wirtschaft. Oder es wird vom Iran als Blogger-Weltmeister gesprochen, wo die Opposition sich über diese formiert, quasi der Blog als demokratische Kontrolle der Politik. Im deutschsprachigen Raum kann man von dem nicht viel spüren.
Die meisten Blogs sind auch total unübersichtlich. Man ruft die Seite auf und es erstreckt sich eine kilometerlange Wurscht nach unten. Auch von der vielseits gepriesenen Kommunikationsfunktion kann man meiner Meinung nach nicht viel merken, denn die Kommunikation über Blogs ist einfach zu kompliziert. Jeder, der schon einmal versucht hat, unten meinen Blog zu kommentieren, wird das zugeben. Möchte man auf andere Blogs antworten, so muss man oft in alter HTML Tradition die line "a href =" eingeben (ein Codebruchstück, das einen Link erzeugen soll). Vielleicht ist einer der Gründe, warum sich die Blogosphäre in unseren Breiten nicht so durchsetzen konnte (wenn man mal von sehr wenigen Firmen absieht, die es als Marketingtool verwenden), weil Bloggen einfach so verdammt kompliziert ist.

Allen obigen Problemen zum Trotz versuche ich mich jetzt schon einiger Zeit an der Blogosphäre, einerseits als Schreiber (wie man hier merkt), andererseits als Leser. Zum Beispiel lese ich gerne readwriteweb.com. Hier bin ich kürzlich über einen wirklich guten Artikel gestolpert, der gut meine obige Problematik mit der Usability von Blogs zusammenfasst. Unter dem Titel "The internet is hard" schreiben die Autoren, wie sie überraschenderweise unabsichtlich die Internet-Community foppten, indem sie in einem Post ein Foto eines Facebook-Logins verwendeten. Tausend User kamen auf die Seite und glaubten tatsächlich, auf Facebook gelandet zu sein.
Daraufhin stellen die Autoren einige Thesen auf, die einem als Enduser oder auch als jemand, der sich mit Marketing ein wenig auseinandergesetzt hat, eigentlich von vornherein sonnenklar sind, die aber aufgrund der überwiegenden Anzahl an Technikern im Softwarentstehungsprozess irgendwie untergegangen zu sein scheinen. Hier wird zum Beispiel erwähnt, dass der durchschnittliche Internetbenutzer sich eben nicht darum schert, wer hinter einem Service steht, Hauptsache ist, dass es funktioniert. Es gipfelt dann in Aussagen wie: "We have to build the Web for them, too.". Und mit "them" ist der User gemeint.

Wenn man sich die Antworten zu diesem Blogeintrag ansieht, wird einem auch sofort klar warum obiger Blogpost überhaupt notwendig ist. Die herrschende Weltsicht eines Technikers scheint zu sein, dass sich die Menschen der Technik anzupassen haben. Wenn die Technik zu kompliziert ist, wenn man nicht gleich den Logout-Button im Facebook findet, dann ist man einfach zu dumm. Eine Einstellung, die eigentlich zumindest schade ist. Ich denke, dass diese verkehrte Weltsicht auch ein Grund für die fehlende Blogosphäre im deutschsprachigen Raum sein kann. Und es sind auch meistens die Firmen im Internet populär und erfolgreich, die einfach leichter zu bedienende Software produzieren. Es ist die Technik, die sich an die Menschen anzupassen hat und nicht umgekehrt!

Wenn man an obigen Statements über den Enduser noch zweifelt, sollte man sich folgendes Video ansehen. Und jeder, der irgendwo in dieser Welt Software produziert, sollte sich im Hinterkopf behalten, dass das seine Kunden sind.

Kommentare

  1. Es ist den Softwareentwicklern sowas von sch...egal, was die User denken, solange sie für den Schrott, den sie produzieren, bezahlt werden. Wenn nicht mehr, weil die Kunden was nicht annehmen, sind die Kunden deppert, der Chef blöd und überhaupt.
    Microsoft ist nicht so dominant, weils so unpackbar userfreundlich sind, die Programme, sondern weil die Unternehmensführung strategisch genial ein Monopol aufgebaut hat.
    Man merkt sofort, wenn eine Firma von Technikern dominiert ist. Techniker (IT´ler, Programmierer,...) KÖNNEN nicht userfreundlich entwickeln. Das ist in ihrem genetischen Code nicht vorgesehen.
    Techniker denken, wenn sie überhaupt an user denken, "was könnten die User noch alles brauchen?" anstatt "was lassen wir weg, wie vereinfachen wirs" usw. Solange, bis das Ding, das Programm so komplex ist, dass es undurchschaubar ist.
    Stellt euch nur eine halbe Stunde zu den Terminals beim elektronischen Check-In der Aua hin und schaut euch das Fiasko an, das die Programmierer produziert haben. Es wird viel Personal benötigt, um den immer wieder ratlosen Kunden zu helfen. "Ja, das ist ein bißchen kompliziert" hört man pausenlos entschuldigend. Dabei darf man den Technikern nicht die Schuld geben, die frönen ja nur ihrer Leidenschaft, komplexe Dinge zu entwickeln, sondern den verantwortlichen Einkäufern der AUA, die diesen unbrauchbaren Schrott gekauft haben.
    Es gibt nur wenige Ausnahmen.
    In 5 Jahren wird es eine Trendwende geben - so hoffe ich - wenn die Konsumenten streiken, sich das nicht mehr gefallen lassen.

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  2. Ist doch witzig, dass heute ein beitrag im fernsehen war, dass Microsoft zu kompliziert ist und deswegen in einigen Bereichen (=dort, wo sie kein Monopol errichten konnten) abloosen.
    "Man muss nicht Informatik studiert haben, um unsere Programme zu verstehen" wurde ein MS-Manager zitiert. Und das sagt wohl alles über die Denke der Firmenleitung.

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  3. Eben hat wieder ein Forum alles umgestellt (Forum Gipfeltreffen). Die Kommentare sind vernichtend. Es bedeutet auch nur eine Verschlechterung. Es können sich einfach die Technikverliebten nicht zurückhalten. Sie verlieren ihre Identität, wenn sie einfach was so lassen, wie es ist, wenns funktioniert.
    ich habe gepostet, dass ich mich vom Forum verabschiede, bis es wieder repariert ist.
    ich verstehs nicht.

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  4. Walter,
    ich teile deine meinung eigentlich großteils nicht. die zeit als entwickler (programmirerer, IT leute, ...) programme entwickelten ist lang vorbei. in modernen IT projekten sind die entwickler in der minderzahl oder gar am ende überhaupt dabei.
    ich bin für einige sehr großen entwicklungen als IT architect verantwortlich und weiß, wie heutzutage entwickelt wird.
    wir fangen immer mit dem business an. alle schritte sind basierend auf "requirements" von business, security, ..., und auch IT. MS arbeitet genauso. für neue systeme fährt MS riesige usability studien, riesige tests zur erfassung des user bedarfs, der user gewohnheiten, usw.
    die verantwortung für schlechte systeme liegt schon lange nicht mehr bei der IT oder den entwicklern.
    noch etwas von "inside": MS zielt schon lange nicht mehr vorrangig auf den home bereich, da man dort kein geld verdienen kann (ausser man heißt apple). MS ist viel stärker im enterprise umfeld, wo die gegner nicht apple oder linux heißen, sondern oracle, SAP, IBM und dort wird das wirklich große geld verdient.
    lass uns mal in ruhe drüber quatschen ...
    Rob

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  5. Gerne, dauert aber, bis ich wieder in Wien bin ...
    Ich stelle bis dahin ein paar ketzerische Fragen: Haben sich wirklich die User gewünscht, dass bei einer neuen Version die gleichen Funktionen wo anders sind?
    Haben sie sich wirklich gewünscht, dass man zum Ausschalten eines Programms auf "Start" klicken muss?
    Hat sich ein User gewünscht, dass ich (und viele andere) in diesem blöden Hotel nicht in mein Zimmer komme, weil ein Techniker ein "Türöffnesystem" erfunden hat, wo bei der Rezeption extra eine Türschnalle aufgestellt wurde, wo die Abläufe und verschiedenen Schritte des elektronischen Schlüssels erklärt werden müssen? Einfach in einen Schlitz stecken - Tür geht auf wäre ja zu wenig. Hat EIN User gesagt: Bitte, nur in den Schlitz stecken, wie in den anderen Hotels, das ist mir zu wenig ... bitte noch zwei weitere Schritte dazubauen.
    Ich kenne keinen User, der sich sowas wünscht.
    Dann sinds halt nicht die Entwickler und Techniker und ITler, sondern andere Mitarbeiter, die alles verkomplizieren und komplizierte Lösungen suchen. Wer eigentlich?
    Wieso sind bei einer großen bekannten Softwarefirma die Mitarbeiter zum Teil völlig entnervt, weil die Systeme so kompliziert sind, dass die ganze Energie hineinfließt in: Wen kenne ich, der das System unbürokratisch umgeht und mir einfach hilft?) (Ich konnte auch nur den Kopf schütteln über die Kompliziertheit der dort verwendeten Systeme. Von den Systemen, die die Kunden verwenden müssen rede ich gar nicht. Die verwenden die aber selber nicht, weil die zu kompliziert sind - O-Ton).
    Ich habe auch Entwicklungsabteilungen trainiert und wieso habe ich dort nicht erlebt, dass es um den User geht, um dessen Nöte, Sorgen und Bedürfnisse? Wieso haben die nur über Funktionen, Features und weiß was ich alles gesprochen (Dinge, von denen ich weiß, dass sie niemand braucht, weil ich die anderen Seiten - die User - auch trainiert habe). Ach ja, über Usability haben die aber schon auch gesprochen ...
    Eine Entwicklungsabteilung eines Unternehmens bekam den Auftrag, ein Gerät zu vereinfachen, von dem der Kunde gemeint hat, es ist zu kompliziert. Ich habe die Mitarbeiter dieser Abteilung in erster Linie über die blöden Kunden schimpfen gehört. Nach zwei Jahren ist das Projekt (zu einem Millionengrab geworden) eingestellt worden, weil das Ergebnis Noch komplizierter geworden ist.
    Mag sein, dass diese Zeit lange vorbei ist. Die Ergebnisse sind aber die gleichen und wir User leiden heute drunter.
    Sorry, aber ich bin etwas entnervt und ärgere mich (nachdem ich nach vielen Fehlversuchen endlich im Zimmer bin), weil ich die Bedienung der Heizung - (natürlich elektronisch, ein einfaches Rad wäre ja viel zu kompliziert) nicht durchschaut habe.
    Dass die da 8 Euro pro Stunde fürs Internet abzocken wollen, hat mit unsere Thema nichts zu tun.
    Wann gemma auf ein Bier?
    Liebe Grüße
    Walter

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  6. hmmm,
    bier ja! meld dich wenn wieder da.
    ich geb dir recht in der auswirkung aber nicht in der schuldfrage.
    wer sein haus vom baumeister bauen lässt, wird kein architekten haus erhalten. andererseits mahlt eine designer pfeffermühle noch keinen pfeffer. wer seinen hochseilgarten vom kletterfreak entwerfen lässt, wird vielleicht troubles mit schulklassen haben ...
    natürlich schimpfen die IT leute über die blöden user, genausso wie die user über die blöden entwickler, die wohnenden über die blöden architekten/baumeister ..., die fernsehzuseher über das blöde programm ...
    und: "einfach" ist nicht das alleinige qualitätsmerkmal. produkte müssen/sollen auch noch dem bedarf entsprechen (das ist eigentlich das wichtigste und subsummiert genaugenommen den rest), sicher sein, hübsch sein, freude machen, flexibel sein, uvam.

    ja, viele produkte sind am endzweck vorbeientwickelt/desiged/strukturiert. schuld daran sind viele, am wenigsten die jeweils technisch ausführenden.

    ja, die ganze welt (ich auch) hat sich darüber mockiert, dass sich beim erfolgreichsten softwareprodukt aller zeiten die funktion zum beenden im startmenü befindet. ich auch! aber eines ist auch hier ganz sicher. das haben keine IT Leute dort hin platziert.

    meld dich bitte per tel/mail wegen bier, ich schau hier nur gegelgentlich rein und (die saudummen entwickler dieser blogsoftware ;-)) haben kein notification feature hier eingebaut (wobei wer weiß, vielleicht ginge es, wenn man sich wo anmeldet ...).
    cheerio
    robert

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  7. hmmm,
    bier ja! meld dich wenn wieder da.
    ich geb dir recht in der auswirkung aber nicht in der schuldfrage.
    wer sein haus vom baumeister bauen lässt, wird kein architekten haus erhalten. andererseits mahlt eine designer pfeffermühle noch keinen pfeffer. wer seinen hochseilgarten vom kletterfreak entwerfen lässt, wird vielleicht troubles mit schulklassen haben ...
    natürlich schimpfen die IT leute über die blöden user, genausso wie die user über die blöden entwickler, die wohnenden über die blöden architekten/baumeister ..., die fernsehzuseher über das blöde programm ...
    und: "einfach" ist nicht das alleinige qualitätsmerkmal. produkte müssen/sollen auch noch dem bedarf entsprechen (das ist eigentlich das wichtigste und subsummiert genaugenommen den rest), sicher sein, hübsch sein, freude machen, flexibel sein, uvam.

    ja, viele produkte sind am endzweck vorbeientwickelt/desiged/strukturiert. schuld daran sind viele, am wenigsten die jeweils technisch ausführenden.

    ja, die ganze welt (ich auch) hat sich darüber mockiert, dass sich beim erfolgreichsten softwareprodukt aller zeiten die funktion zum beenden im startmenü befindet. ich auch! aber eines ist auch hier ganz sicher. das haben keine IT Leute dort hin platziert.

    meld dich bitte per tel/mail wegen bier, ich schau hier nur gegelgentlich rein und (die saudummen entwickler dieser blogsoftware ;-)) haben kein notification feature hier eingebaut (wobei wer weiß, vielleicht ginge es, wenn man sich wo anmeldet ...).
    cheerio
    robert

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  8. Hi Robert, ich bin gerade in Arco ... ich schreibe hier, weil ich Patrick unterstützen möchte.
    Die Hauptschuld liegt beim Geschäftsführer bzw. beim Bauherren.
    Mein Architekt hat sich in erster Linie selbst verwirklichen wollen anstatt unsere Wünsche zu erfüllen. Jetzt baue ich ohne Architekt.
    Mein Baumeister baut das, was ich haben möchte.
    Der ominöse Start-button zum Ausschalten ist die Schuld von Bill Gates - er hat niemals den User in einem Blickpunkt gehabt, sonst würden die Programme anders aussehen.
    Firmen sind immer so gut, wie der Geschäftsführer. Die Produkte spiegeln das wider.
    Die Firma Ideo ist deswegen so erfolgreich, da der Bedarf des Users für den Geschäftsführer im Hauptfokus liegt. Und jeder hat sich danach zu richten.
    Viele Produkte werden dahingehend gebaut, was geglaubt wird, was der User brauchen könnte. Nicht, was er wirklich braucht. Die Firma Ideo macht das anders, indem sie den User bereits bei den ersten Ideen einbindet. Wer macht das schon? Kam eine Firma.
    Dass die Entwickler dieser Software kein dings-feature eingeführt haben liegt am Geschäftsführer der Firma dieser Blog Software (wer ist das eigentlich?). Der dürfte so einen Fehler keineswegs zulassen (und es ist ein Fehler, weil ich kenne niemandem, dem das nicht sofort abgeht - nicht nur in diesem Blog).
    Ich weiß nur, dass die meisten Geschäftsführer ihre eigenen Produkte nicht benützen. Die werden sich hüten! Man sollte sie eigentlich per Gesetz damit bestrafen, das tun zu müssen. Dann würden viele Produkte besser aussehen.

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