Das diesmonatige Thema der ökonomischen Blogparade lautet “Ist ökonomische Ungleichheit ein (Haupt?)Grund für die ökonomische Krise”. Dies ist mein Beitrag, der grundsätzlich davon ausgeht, dass die ökonomische Ungleichheit die eigentliche ökonomische Krise IST.
Damit man mich nicht gleich falsch versteht: Gleichmacherei von Ungleichem ist kein heeres ökonomisches Ziel. Klar, wer mehr tut, soll auch mehr bekommen - aus Gründen der Fairness und aus Gründen der ökonomischen Anreize, die Leistung belohnen sollen. In vielen Diskussionen, besonders mit Vertretern der neoklassischen, marktfetischistischen und/oder liberalen Seite des ökonomischen Denkens kommt die Neid-Keule. Wieso sollte nicht einer sehr reich sein und ein anderer verglichen damit sehr arm, wenn es dem Armen trotzdem jedes Jahr ein kleines Stück besser geht? In anderen Worten: Es sei doch egal, dass die Schere zwischen arm und reich auseinandergeht, solange es nur den Armen auch jedes Jahr besser geht. Gute, auf den ersten Blick logische Argumente.
Allerdings gibt es in meinen Augen mehrere entscheidende Gegenargumente gegen eine zu große Ungleichheit:
1) Eines davon kommt schlichtweg aus empirischen Beobachtungen. Die Verhaltensökonomie hat Ungleichheiten im Ultimatumspiel untersucht. Das ist ein Spiel, das man schnell auch mit seinen Verwandten ausprobieren kann, was ich nur empfehle, um eigene Beobachtungen durchzuführen. Der Spielleiter gibt 10 Euro her und sagt dem ersten Spieler, er dürfe dieses Geld teilen nach seinem Ermessen: Wieviel soll er selber bekommen und wieviel der andere? Spieler zwei darf dann wählen: Nimmt der den Vorschlag an, bekommen beide das Geld. Lehnt er ab, bekommt niemand was. Das interessante Ergebnis: Wenn der erste Spieler zu unfair verteilt, lehnt der zweite Spieler meistens ab! Obwohl die unfairste Verteilung ja wäre, das Spieler 1 sich 9,99 € gibt und dem anderen nur 1 cent. Selbst das müsste noch angenommen werden. Denn Spieler 2 ist ja mit 1 cent noch besser dran als mit 0 cent. Trotzdem wird das schon bei einer "besseren" Ungleichverteilung oft abgelehnt. Es ist interessant zu beobachten, dass Spieler 2 auch dann zum Beispiel ablehnt, wenn er 3 Euro bekäme und Spieler eins 7. Die empfundene Unfairness lässt Spieler 2 offenbar denken: Na wenn du so unfair teilst, sollen wir beide leer ausgehen!
So gesehen, und das kann man meiner Meinung nach beobachten, schaffen große Ungleichheiten in der Gesellschaft Unzufriedenheit und schließlich Krise. Bevor du sehr viel mehr hast als ich hau ich lieber unser beider Eigentum zusammen. Das ist das Risiko auch für die reicheren Bevölkerungsschichten, die es dann doch auch mehr in der Hand haben, für eine gerechtere Verteilung zu sorgen: Dass die Armen es als so ungerecht empfinden, dass sie lieber alle ärmer sehen, als diese Ungleichheit. Deshalb is eine große Ungleichheit eine ökonomische Krise, weil es das Sozialgefüge auseinanderdriften lässt und die Chance auf ein mutwilliges Zerstören aller Werte erhöht.
2) Zweitens ist ungleiche monetäre Verteilung auch mit ungleicher politischer Macht verbunden. In Österreich erleben wir gerade ein Paradebeispiel. Der Milliardär Frank Stronach hatte sich aus unerfindlichen Gründen dafür entschieden, in die Politik zu gehen ("Damit Österreich eine gute Zukunft haben wird", nach seinen Worten). Auch wenn tatsächlich, wie mehrmals beteuert, niemals finanzielle Mittel geflossen sein sollen (in Österreich gilt zumindest für reiche Menschen die Unschuldsvermutung) konnte Stronach schon vor jeglicher Wahl so viele Parlamentarier überzeugen in seine Partei überzutreten, dass das Team Stronach schon über Klubstatus im Parlament verfügt. Ohne jemals als Partei mit Programm gewählt worden zu sein. Offensichtlich ist Überzeugungsarbeit als Milliardär um einiges leichter, als wenn man diese Mittel nicht hat, auch wenn kein Geld fließt. Wie gesagt: Unschuldsvermutung. Daher bedeutet Ungleichverteilung auch tiefe demokratische Krise, denn das demokratische Prinzip der gleichen Einflussnahme auf die Politik ist dadurch ausgehebelt.
3) Drittens, wie schon an anderer Stelle beschrieben, scheint es eine Korrelation zwischen Ungleichheit und anderen wirtschaftspolitisch wichtigen Entwicklungen zu geben. Statistisch gesehen ist eine gleichere Verteilung der Einkommen "besser" für alle Bevölkerungsgruppen. Ich bin der Meinung, dass Wirtschaftswissenschaft immer wertet. Daher bin ich der Meinung, dass eine Verbesserung in Themenbereichen wie Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Drogenabhängigkeit, Gewalt und Verbrechen und Aufstiegs-Chancengleichheit zugleich auch Ziele von wirtschaftlicher Tätigkeit sein sollten. Laut der zitierten statistischen Arbeit stehen Gesellschaften, die gleichere Verteilung haben, "besser" in all den obigen Bereichen da. Unterstellt man dieser Korrelation auch eine Kausalität, so ist eine Gesellschaft in der Krise, wenn die Ungleichheit größer wird. Denn dann sinkt der Lebensstandard für alle. Weitere empirische Arbeiten werden zeigen müssen, ob diese Kausalität wirklich besteht.
Natürlich habe ich hier Krise in einem weiteren Wortsinn als üblicherweise verwendet. Aber ich denke trotzdem, dass auch im engeren Blick auf die Krise obige Punkte zumindest hineinspielen...Wäre die Staatenkrise möglich gewesen, ohne die politische Macht einiger finanziell starker Interessensgruppen? Gäbe es einen solchen Vertrauensverlust in der Bevölkerung, wenn es gleichere Verteilung gäbe? Eine wirtschaftliche Krise ist immer auch eine gesellschaftliche und politische Krise, die meist auch mit Ungleichheiten einhergeht...
Damit man mich nicht gleich falsch versteht: Gleichmacherei von Ungleichem ist kein heeres ökonomisches Ziel. Klar, wer mehr tut, soll auch mehr bekommen - aus Gründen der Fairness und aus Gründen der ökonomischen Anreize, die Leistung belohnen sollen. In vielen Diskussionen, besonders mit Vertretern der neoklassischen, marktfetischistischen und/oder liberalen Seite des ökonomischen Denkens kommt die Neid-Keule. Wieso sollte nicht einer sehr reich sein und ein anderer verglichen damit sehr arm, wenn es dem Armen trotzdem jedes Jahr ein kleines Stück besser geht? In anderen Worten: Es sei doch egal, dass die Schere zwischen arm und reich auseinandergeht, solange es nur den Armen auch jedes Jahr besser geht. Gute, auf den ersten Blick logische Argumente.
Allerdings gibt es in meinen Augen mehrere entscheidende Gegenargumente gegen eine zu große Ungleichheit:
1) Eines davon kommt schlichtweg aus empirischen Beobachtungen. Die Verhaltensökonomie hat Ungleichheiten im Ultimatumspiel untersucht. Das ist ein Spiel, das man schnell auch mit seinen Verwandten ausprobieren kann, was ich nur empfehle, um eigene Beobachtungen durchzuführen. Der Spielleiter gibt 10 Euro her und sagt dem ersten Spieler, er dürfe dieses Geld teilen nach seinem Ermessen: Wieviel soll er selber bekommen und wieviel der andere? Spieler zwei darf dann wählen: Nimmt der den Vorschlag an, bekommen beide das Geld. Lehnt er ab, bekommt niemand was. Das interessante Ergebnis: Wenn der erste Spieler zu unfair verteilt, lehnt der zweite Spieler meistens ab! Obwohl die unfairste Verteilung ja wäre, das Spieler 1 sich 9,99 € gibt und dem anderen nur 1 cent. Selbst das müsste noch angenommen werden. Denn Spieler 2 ist ja mit 1 cent noch besser dran als mit 0 cent. Trotzdem wird das schon bei einer "besseren" Ungleichverteilung oft abgelehnt. Es ist interessant zu beobachten, dass Spieler 2 auch dann zum Beispiel ablehnt, wenn er 3 Euro bekäme und Spieler eins 7. Die empfundene Unfairness lässt Spieler 2 offenbar denken: Na wenn du so unfair teilst, sollen wir beide leer ausgehen!
So gesehen, und das kann man meiner Meinung nach beobachten, schaffen große Ungleichheiten in der Gesellschaft Unzufriedenheit und schließlich Krise. Bevor du sehr viel mehr hast als ich hau ich lieber unser beider Eigentum zusammen. Das ist das Risiko auch für die reicheren Bevölkerungsschichten, die es dann doch auch mehr in der Hand haben, für eine gerechtere Verteilung zu sorgen: Dass die Armen es als so ungerecht empfinden, dass sie lieber alle ärmer sehen, als diese Ungleichheit. Deshalb is eine große Ungleichheit eine ökonomische Krise, weil es das Sozialgefüge auseinanderdriften lässt und die Chance auf ein mutwilliges Zerstören aller Werte erhöht.
2) Zweitens ist ungleiche monetäre Verteilung auch mit ungleicher politischer Macht verbunden. In Österreich erleben wir gerade ein Paradebeispiel. Der Milliardär Frank Stronach hatte sich aus unerfindlichen Gründen dafür entschieden, in die Politik zu gehen ("Damit Österreich eine gute Zukunft haben wird", nach seinen Worten). Auch wenn tatsächlich, wie mehrmals beteuert, niemals finanzielle Mittel geflossen sein sollen (in Österreich gilt zumindest für reiche Menschen die Unschuldsvermutung) konnte Stronach schon vor jeglicher Wahl so viele Parlamentarier überzeugen in seine Partei überzutreten, dass das Team Stronach schon über Klubstatus im Parlament verfügt. Ohne jemals als Partei mit Programm gewählt worden zu sein. Offensichtlich ist Überzeugungsarbeit als Milliardär um einiges leichter, als wenn man diese Mittel nicht hat, auch wenn kein Geld fließt. Wie gesagt: Unschuldsvermutung. Daher bedeutet Ungleichverteilung auch tiefe demokratische Krise, denn das demokratische Prinzip der gleichen Einflussnahme auf die Politik ist dadurch ausgehebelt.
3) Drittens, wie schon an anderer Stelle beschrieben, scheint es eine Korrelation zwischen Ungleichheit und anderen wirtschaftspolitisch wichtigen Entwicklungen zu geben. Statistisch gesehen ist eine gleichere Verteilung der Einkommen "besser" für alle Bevölkerungsgruppen. Ich bin der Meinung, dass Wirtschaftswissenschaft immer wertet. Daher bin ich der Meinung, dass eine Verbesserung in Themenbereichen wie Lebenserwartung, Kindersterblichkeit, Drogenabhängigkeit, Gewalt und Verbrechen und Aufstiegs-Chancengleichheit zugleich auch Ziele von wirtschaftlicher Tätigkeit sein sollten. Laut der zitierten statistischen Arbeit stehen Gesellschaften, die gleichere Verteilung haben, "besser" in all den obigen Bereichen da. Unterstellt man dieser Korrelation auch eine Kausalität, so ist eine Gesellschaft in der Krise, wenn die Ungleichheit größer wird. Denn dann sinkt der Lebensstandard für alle. Weitere empirische Arbeiten werden zeigen müssen, ob diese Kausalität wirklich besteht.
Natürlich habe ich hier Krise in einem weiteren Wortsinn als üblicherweise verwendet. Aber ich denke trotzdem, dass auch im engeren Blick auf die Krise obige Punkte zumindest hineinspielen...Wäre die Staatenkrise möglich gewesen, ohne die politische Macht einiger finanziell starker Interessensgruppen? Gäbe es einen solchen Vertrauensverlust in der Bevölkerung, wenn es gleichere Verteilung gäbe? Eine wirtschaftliche Krise ist immer auch eine gesellschaftliche und politische Krise, die meist auch mit Ungleichheiten einhergeht...
1) Die Ergebnisse des Ultimatumspiels hängen m. E. sehr stark von den Randbedingungen ab. Wenn 10 Euro zu verteilen sind und jeder Spielteilnehmer ist relativ gutsituiert, kann man es sich leicht leisten zu verlieren. Wenn 100.000 Euro zu verteilen sind und für den zweiten Spieler 5.000 Euro sehr viel Geld wären, würde er im realen Leben kaum ablehnen.
AntwortenLöschenSo gesehen sind alle diese Laborspielchen nett, aber wenig aussagekräftig. Es ist so ähnlich, wie an einem Börsespiel teilzunehmen oder real eigenes Geld einzusetzen. Das sind 2 verschiedene Welten.
2) Die ungleiche politische Macht besteht darin, daß sich etablierte Gruppen mit Steuergeldern ihre Wähler kaufen. Das läuft nach dem Prinzip: "Wähle mich, dann wird den anderen genommen und Dir gegeben."
3) Bei Korrelationen muß man sich immer fragen: Was ist Ursache, was Wirkung, bzw. gibt es eine 3. Ursache oder Zufälligkeiten. Wenn es in einem Dorf hohe Geburtenraten und eine hohe Storchpopulation gibt, dann heißt das noch lange nicht, daß der Storch die Kinder bringt.