Der Werkvertrag
Ein Arbeitsverhältnis, das als Werkvertrag ausgestaltet ist, zeichnet sich rechtlich unter anderem durch folgende Bedingungen aus:1) Ein Erfolg wird geschuldet. Dieser Erfolg muss irgendwie messbar sein. Es muss klar sein, wann das Ziel erreicht wurde und wann nicht.
Beispiel: Wenn ich ins Taxi steige und dem Taxifahrer sage: "Bitte bringen Sie mich zur Alser Straße 15!", dann ist der Vertrag erfüllt, wenn wir in der Alser Straße 15 ankommen. Bringt er mich jedoch zur Josefstädter Straße 15, so ist der Vertrag nicht erfüllt.
2) Man verwendet eigene Arbeitsmittel. Eigene Arbeitsmittel zu verwenden bedeutet nicht, dass der Auftraggeber sie mir zur Verfügung stellt.
Beispiel: Ich muss dem Schneider nicht die Nähmaschine zur Verfügung stellen. Die muss er schon selber haben.
3) Es besteht keine persönliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit. Anders gesagt: Man hat mehrere Kunden oder Auftraggeber. Es bricht nicht gleich das gesamte Einkommen weg, wenn der Auftraggeber absagt.
Beispiel: Wenn ich nicht ins Taxi steige, dann wartet an der nächsten Ecke ein anderer Fahrgast. Wenn jedoch ich der einzige Fahrgast bin und mit dem Taxler ausmache, dass er nur mich führt und sonst niemanden, dann ist dieser Punkt nicht erfüllt.
4) Vertretungsrecht. Man kann sich durch eine andere Person vertreten lassen, die den Auftrag ausführt. Wenn das der Auftraggeber nicht akzeptiert, dann ist dieser Punkt nicht erfüllt.
Beispiel: Der Installateur kommt nicht persönlich vorbei, sondern schickt einen Kollegen, der auch Installateur ist.
5) Man gliedert sich nicht in den Betrieb ein. Das bedeutet zum Beispiel, dass man nicht weisungsgebunden ist, also der Auftraggeber einem nicht sagt, wie man den Erfolg erreicht. Die Zeit kann ich mir auch frei einteilen. Ich arbeite, wann ich es will und erfülle so das Werk.
Beispiel: Der Architekt geht in sein eigenes Büro und arbeitet dort drei Tage lang durch. Dann legt er sich eine Woche auf die faule Haut. Zum vereinbarten Termin übergibt er mir den Plan.
Wie sieht es bei mir aus?
Bei meinem persönlichen Arbeitsverhältnis sieht es so aus: Die Arbeitsmittel bekomme ich vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Sollte dieser Auftraggeber weg fallen, so habe ich kein Einkommen mehr. Vertreten lassen könnte ich mich theoretisch, praktisch ist das nur schwer möglich. Der Auftraggeber teilt mich zu Ort und Zeit ein, wo ich arbeiten soll.Nun gut, über meinem schriftlichen Arbeitsvertrag steht "Werkvertrag". Jetzt ist es, soweit ich weiß, arbeitsrechtlich so, dass es nur darauf ankommt, wie das Arbeitsverhältnis tatsächlich ausgestaltet war und es egal ist, was im Arbeitsvertrag stand. Aber wirklich entscheiden kann das vermutlich nur das Arbeitsgericht. Finde es sehr mutig von meinem Arbeitgeber, mich auf dieser Basis zu beschäftigen. Ob er weiß, dass, sollte die Sozialversicherung mein Arbeitsverhältnis anders beurteilen, für ihn bis zu zwei Jahre Haft und hohe Nachzahlungen, welche existenzgefährdend sein können, drohen?
Aber ich möchte in diesem Beitrag gar nicht meinen Arbeitgeber schlecht machen. Ich bin äußerst zufrieden mit der Arbeit und verdiene genug. Und ich wusste über all diese Dinge bescheid, als ich das Arbeitsverhältnis einging. In diesem Beitrag möchte ich eher die Frage behandeln: Ist mein Arbeitsverhältnis prekär?
Ist der Werkvertrag prekär?
Zunächst empfinde ich den Werkvertrag nicht als prekär. Im Gegenteil. Ich bin froh, nicht nur 5 Wochen Urlaub im Jahr zu haben und sonst 38,5 Stunden pro Woche zu arbeiten. Mein Arbeitsverhältnis ist dadurch viel abwechslungsreicher. Die Entlohnung ist so hoch, dass sich mehrere Monate (zugegebenermaßen unbezahlter) Urlaub ausgehen, was jedoch auch daran liegen könnte, dass ich sehr niedrige Ausgaben habe. Es ist diese Freiheit, die ich mir durch den unsichereren Werkvertrag erkaufe. Die Weisungsungebundenheit habe ich für mich so interpretiert, dass ich in meinen Vorträgen sagen kann, was ich möchte - auch kritische Aspekte. Dadurch, dass der Erfolg nicht wirklich messbar ist, ist dieser Vertragspunkt auch leicht zu erfüllen. Mein Auftraggeber ist äußerst freundlich und zuvorkommend und das Arbeitsklima ist wirklich außergewöhnlich gut. So gesehen: Wäre mein Arbeitsvertrag arbeitsrechtlich abgesegnet, so wäre ich rundum zufrieden.Wären da nicht dann doch prekäre Punkte...
Warum der Werkvertrag prekär ist
Interessanterweise ist es nämlich nicht das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und mir, das den Werkvertrag prekär macht. Es ist vielmehr das Verhältnis zwischen staatlichen Institutionen und mir! Sehen wir uns die prekären Punkte an:Wirtschaftskammer
Durch meine angebliche Selbstständigkeit habe ich eine Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer. Einen Teil meines Einkommens muss ich als Kammerumlage an diese abführen. Damit zahle ich zum Teil das Gehalt von Christoph Leitl mit. Aber ob er wirklich meine Interessen vertritt? Ich bin mir nicht sicher.Krankenversicherung
Sollte ich krank werden, so gibt es kein Einkommen mehr. Das alleine fände ich nicht prekär. Denn aus Sicht des Unternehmens finde ich verständlich: Ohne Leistung, keine Gegenleistung.Was meine Situation mit der staatlichen Pflichtversicherung prekär macht sind folgende Dinge:
Erstens muss ich quasi die doppelten Sozialversicherungsbeiträge zahlen wie ein Angestellter. Arbeitnehmerbeitrag und Arbeitgeberbeitrag werden beide von mir persönlich gezahlt.
Zweitens kommen von der Krankenversicherung vollkommen unverständliche Briefe, welche jegliche Planung unmöglich machen. Die Regelungen sind so kompliziert, dass keiner meiner Bekannten mir im Vorhinein sagen konnte, wieviel ich zahlen müsste. Vielleicht war das Wirtschaftsstudium auch nicht die richtige Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft.
Drittens zahle ich 20 Prozent Selbstbehalt bei jedem Arztbesuch. Ich verstehe ja die Grundüberlegung zu dieser Regel: Das Gesundheitssystem soll nicht unnötig belastet werden. Man sollte es sich zweimal überlegen, ob man zum Arzt geht, usw.
Aber auf den zweiten Blick ist es schon interessant. Hier wird ja davon ausgegangen, dass ich selber schuld wäre, wenn ich krank bin. Als ob ich mir das aussuchen könnte oder mir gar freiwillig den Arm bräche. Leider gibt es natürlich Menschen, die genau das tun. Aber systematisch allen Versicherten so etwas zu unterstellen, entspricht nicht gerade der Unschuldsvermutung...
Insbesondere weil mich das doppelt trifft, wenn ich durch die Krankheit ja kein Einkommen mehr habe.
Viertens zahle ich hier wiederum das Gehalt von Christoph Leitl als Obmann der SVA.
Finanzamt
Am Ende des Jahres muss ich selber eine Steuererklärung beim Finanzamt abgeben. Ich zahle ja prinzipiell gerne Steuern. Aber warum muss man es mir so kompliziert machen? Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wäre ja schnell erledigt. Doch dann fängt die Schwierigkeit erst an. Unser Steuersystem ist (absichtlich?) so kompliziert, dass man quasi auf einen Steuerberater angewiesen ist.Die Steuererklärung kann man zwar online eingeben. Aber die Seite scheint in den 90ern programmiert und seither nicht mehr verändert worden zu sein. Erst, nachdem ich mir ein Video der Arbeiterkammer (!) ansah wusste ich, wo ich was eintragen musste.
Nach mehreren Arbeitstagen war der Prozess abgeschlossen und ich durfte endlich Steuern zahlen.
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