Ich möchte hier über zwei Begegnungen schreiben. Diese fanden mit zwei Menschen statt, die unterschiedlicher nicht sein können. Beide haben unterschiedliche Zugänge zum Geld, aber es sind sich beide dabei irgendwie auch einig. "Geld ist nicht so wichtig", könnte man von beiden hören. Beide repräsentieren nur zwei Augenblicke unseres heutigen absurden Daseins, auf der Palette der verschiedenen Lebenswege. Sie repräsentieren beide unser derzeitiges System, mit seinen Erwartungen zwischen unendlichem Wachstum und baldigem Totalcrash.
"Geld zu verschenken"
Die erste Person ist Tom. Ich treffe Tom im Grünen, in einem Park, auf der Wiese sitzend. Ich habe ihn über Facebook kennengelernt. Dort bin ich auf ihn aufmerksam geworden, weil er Geld verschenkt. Jemand, der das herschenkt, wofür andere morden würden?! Ich dachte damals an Waluliso und wollte Tom kennenlernen.
In einem ruhigen Gespräch reden wir über Geld, über die Zukunft und über Subsistenzwirtschaft. Er möchte wissen, ob ich von Erich Fromm "Haben oder Sein" gelesen habe. Ob es Zufall war oder auch nicht, jedenfalls war ich damals gerade dabei es zu lesen. Wir sind uns beide einig, dass Fromm in diesem Buch schon vor so langer Zeit die Probleme unserer heutigen Welt erkannt und Lösungen dafür angeboten hat. Der Habensmodus ist für Tom sowieso nur ein Auslaufmodell. Die Menschen würden bald erkennen, dass man dann gut lebt, wenn man alles hergibt, was man hat. Ich will wissen, ob er zuerst begonnen hat, Geld zu verschenken oder zuerst das Buch gelesen hat. Zuerst kam die Aktion mit dem Verschenken, so Tom. Das Buch wäre dann auf ihn zugekommen und hätte nur theoretisch unterlegt, was er eigentlich leben wolle.
Als ich ihm erzähle, dass ich gerade mein Studium abgeschlossen habe, fragt er mich nach meiner Zukunft. Ich erzähle über meine Pläne für das kommende Jahr und meine Visionen. Er ist überrascht, dass ich so weit vorausplane. Für ihn endet die Welt, wie wir sie kennen, bereits Ende August. Bis dahin will er auch all sein Geld losgeworden sein. Tom ist sich sicher, dass spätestens im Herbst die Welt komplett anders aussehen wird. Er erzählt mir von seiner Reise nach Portugal, wo er über Selbstversorgung gelernt hat. Diese Dinge würden bald wieder wichtig werden. Als wir über Zufälle und Zeichen sprechen, schlägt er sein kleines Notizbuch auf und stellt mir eine Theorie vor, die er spontan entwickelt hat und die ich mit seiner Erlaubnis hier auch verkürzt vorstellen möchte:
Ich meine auf seine Erzählung hin, dass mich das erstens sehr an Religion und an ein göttliches Wesen erinnert. Tom bejaht das irgendwie. Weiters fällt mir auf, dass seine Theorie überraschend stark der von Jeremy Rifkin in seinem Buch "Die empathische Zivilisation: Wege zu einem globalen Bewusstsein" entwickelten Theorie der menschlichen Gesellschaft ähnelt. Auch Rifkin erzählt von der Biosphäre als Ganzes und über das globale Bewusstsein, dass gerade am Erwachen ist.
Als ich Tom nach seinen Zukunftsplänen frage, erzählt er mir von Peace Pilgrim, einer amerikanischen Pilgerin, die ohne Geld durch die USA wanderte.
Wir reden noch über vegetarisches Essen. Ich sage Tom, dass es mir so schwer fiele, den Fleischkonsum einzuschränken, obwohl ich mir der Auswirkungen (auf die Gesundheit, auf den Energieverbrauch der Fleischerzeugung, auf die Massentierhaltung,...) des übermäßigen Fleischessens bewusst wäre. Tom meint nur, dass Einschränken nicht der richtige Weg wäre. Ich sollte nur, wenn ich Fleisch esse, dies bewusst tun. Die Frage, die mir jedoch bleibt, ist: Wie durchbricht man Gewohnheiten, ohne dass man leiden muss?
"Der Geschäftsmann"
Ich treffe Jodok in seiner Eigentumswohnung. Sie ist auffällig hergerichtet. Jodok hat einen großen Kühlschrank, einen mit Flügeltüren und mit Eiswürfelmaschine. Einen so großen Flachbildschirmfernseher habe ich noch nie in einer Wohnung gesehen. Jodok scheint es groß zu mögen.
Wir essen zusammen und fachsimpeln über unsere Wirtschaftsausbildungen. Darüber, dass man Unternehmen eigentlich nicht bewerten kann. Darüber, dass Bewertungsmethoden, die mit ewigen Zahlungsströmen rechnen, eigentlich Unsinn sind. Jodok hat eine bemerkenswerte Erklärung dafür, warum so viele Wirtschaftswissenschaftler mit unendlich anwachsenden Zahlungsströmen rechnen: Weil sie von einem Wirtschafts- und Geldsystem ausgehen, das unendlich wächst und wachsen muss.
Dann holt Jodok seinen Apple-Laptop hervor und zeigt mir seinen Business-Plan. Er möchte ein großes Unternehmen in Asien aufbauen. "Wann, wenn nicht jetzt?", meint er. Sein Plan ist ausgefeilt. Budgets, die bis ins Jahr 2016 reichen, Gewinn- und Verlustrechnungen mit zukünftigen Umsatzerlösen, SWOT-Analysen, um zukünftige Inflationsraten auf- und abdiskontierte Zahlungsströme. Mit diesem Plan möchte er jetzt auf Investorensuche gehen. Wenn alles klappt, ist Jodok in einem Jahr in Asien und leitet dort ein großes Unternehmen. Ich bewundere ihn ein wenig für seinen Mut.
Aber dennoch ist Jodok der Meinung: Wenn es ihm nicht so großen Spaß machen würde zu rechnen, würde er das alles auch nicht machen. "Geld ist nicht so wichtig. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben kosten nichts."
Wir reden noch viel über Unternehmertum. Darüber, dass es für Mitarbeiter oft so schwer ist, zwischen Umsatz und Gewinn zu unterscheiden und dass das oft zu Spannungen führen kann. Jodok fragt mich, was meiner Meinung nach Alternativen zu diesem Geld- und Wirtschaftssystem wären. Ich erzähle von einem Spektrum von Möglichkeiten. Von der Gemeinwohlökonomie beispielsweise. Oder von Komplementärwährungen. Wir reden auch über die Theorien von Franz Hörmann.
Jodok erzählt mir, dass er in jungen Jahren "Das Kapital" von Marx gelesen hatte
unter anderem folgenden Schluss ziehen konnte: Wenn man ein profitables Unternehmen aufbauen will, muss man Mehrwert aus der Arbeit Anderer schlagen. Egal, ob man handelt, produziert oder sonst was. Auch eine interessante Interpretation. Ich beschließe daraufhin, "Das Kapital" ebenfalls im Original zu lesen, um mir meine Meinung bilden zu können.
Der Abend endet mit einem Glas Whisky und Gesprächen, in denen es dann doch noch viel um Geld geht.
"Was kommt?"
Beide Begegnungen bezeichnen die unterschiedlichen Wege, die unsere Welt derzeit einschlägt. Beide Personen haben Visionen der Zukunft und handeln danach. Viele spüren den Wendepunkt, an dem wir uns befinden. Aber ob die Welt in immer höhere Höhen hinaufwachsen wird oder ob es schon im Herbst alles anders sein wird, ist unvorhersagbar. Vielleicht findet auch beides statt.
"Geld zu verschenken"
Die erste Person ist Tom. Ich treffe Tom im Grünen, in einem Park, auf der Wiese sitzend. Ich habe ihn über Facebook kennengelernt. Dort bin ich auf ihn aufmerksam geworden, weil er Geld verschenkt. Jemand, der das herschenkt, wofür andere morden würden?! Ich dachte damals an Waluliso und wollte Tom kennenlernen.
In einem ruhigen Gespräch reden wir über Geld, über die Zukunft und über Subsistenzwirtschaft. Er möchte wissen, ob ich von Erich Fromm "Haben oder Sein" gelesen habe. Ob es Zufall war oder auch nicht, jedenfalls war ich damals gerade dabei es zu lesen. Wir sind uns beide einig, dass Fromm in diesem Buch schon vor so langer Zeit die Probleme unserer heutigen Welt erkannt und Lösungen dafür angeboten hat. Der Habensmodus ist für Tom sowieso nur ein Auslaufmodell. Die Menschen würden bald erkennen, dass man dann gut lebt, wenn man alles hergibt, was man hat. Ich will wissen, ob er zuerst begonnen hat, Geld zu verschenken oder zuerst das Buch gelesen hat. Zuerst kam die Aktion mit dem Verschenken, so Tom. Das Buch wäre dann auf ihn zugekommen und hätte nur theoretisch unterlegt, was er eigentlich leben wolle.
Als ich ihm erzähle, dass ich gerade mein Studium abgeschlossen habe, fragt er mich nach meiner Zukunft. Ich erzähle über meine Pläne für das kommende Jahr und meine Visionen. Er ist überrascht, dass ich so weit vorausplane. Für ihn endet die Welt, wie wir sie kennen, bereits Ende August. Bis dahin will er auch all sein Geld losgeworden sein. Tom ist sich sicher, dass spätestens im Herbst die Welt komplett anders aussehen wird. Er erzählt mir von seiner Reise nach Portugal, wo er über Selbstversorgung gelernt hat. Diese Dinge würden bald wieder wichtig werden. Als wir über Zufälle und Zeichen sprechen, schlägt er sein kleines Notizbuch auf und stellt mir eine Theorie vor, die er spontan entwickelt hat und die ich mit seiner Erlaubnis hier auch verkürzt vorstellen möchte:
Es gibt keine Zufälle. Jedes Lebewesen, ja alle Dinge beruhen auf Entelechie, das bedeutet, in allem steckt irgendwie Sinn. Jedes Lebewesen strebt seinem Optimum entgegen. Sämtliche Zeichen, seien es Kornkreise, UFOs, Verschwörungstheorien, usw. sind nur Teil dieser Entelechie, sind Kommunikation, die die Entwicklung vorantreiben. Auch der freie Wille ist nur Teil dieses Programms.
In der menschlichen Wahrnehmung wird nur 10% tatsächlich aktiv aufgenommen. Der Rest läuft unterbewusst ab. Die Zeichen können unterbewusst gelesen werden, das Unterbewusste versteht mehr, als wir denken. Es gibt irgendwie ein Universalbewusstsein, dass alles steuert. Deshalb müsste man nur bewusster leben, sich mehr Dinge ins Bewusstsein rufen.
Ich meine auf seine Erzählung hin, dass mich das erstens sehr an Religion und an ein göttliches Wesen erinnert. Tom bejaht das irgendwie. Weiters fällt mir auf, dass seine Theorie überraschend stark der von Jeremy Rifkin in seinem Buch "Die empathische Zivilisation: Wege zu einem globalen Bewusstsein" entwickelten Theorie der menschlichen Gesellschaft ähnelt. Auch Rifkin erzählt von der Biosphäre als Ganzes und über das globale Bewusstsein, dass gerade am Erwachen ist.
Als ich Tom nach seinen Zukunftsplänen frage, erzählt er mir von Peace Pilgrim, einer amerikanischen Pilgerin, die ohne Geld durch die USA wanderte.
Wir reden noch über vegetarisches Essen. Ich sage Tom, dass es mir so schwer fiele, den Fleischkonsum einzuschränken, obwohl ich mir der Auswirkungen (auf die Gesundheit, auf den Energieverbrauch der Fleischerzeugung, auf die Massentierhaltung,...) des übermäßigen Fleischessens bewusst wäre. Tom meint nur, dass Einschränken nicht der richtige Weg wäre. Ich sollte nur, wenn ich Fleisch esse, dies bewusst tun. Die Frage, die mir jedoch bleibt, ist: Wie durchbricht man Gewohnheiten, ohne dass man leiden muss?
"Der Geschäftsmann"
Ich treffe Jodok in seiner Eigentumswohnung. Sie ist auffällig hergerichtet. Jodok hat einen großen Kühlschrank, einen mit Flügeltüren und mit Eiswürfelmaschine. Einen so großen Flachbildschirmfernseher habe ich noch nie in einer Wohnung gesehen. Jodok scheint es groß zu mögen.
Wir essen zusammen und fachsimpeln über unsere Wirtschaftsausbildungen. Darüber, dass man Unternehmen eigentlich nicht bewerten kann. Darüber, dass Bewertungsmethoden, die mit ewigen Zahlungsströmen rechnen, eigentlich Unsinn sind. Jodok hat eine bemerkenswerte Erklärung dafür, warum so viele Wirtschaftswissenschaftler mit unendlich anwachsenden Zahlungsströmen rechnen: Weil sie von einem Wirtschafts- und Geldsystem ausgehen, das unendlich wächst und wachsen muss.
Dann holt Jodok seinen Apple-Laptop hervor und zeigt mir seinen Business-Plan. Er möchte ein großes Unternehmen in Asien aufbauen. "Wann, wenn nicht jetzt?", meint er. Sein Plan ist ausgefeilt. Budgets, die bis ins Jahr 2016 reichen, Gewinn- und Verlustrechnungen mit zukünftigen Umsatzerlösen, SWOT-Analysen, um zukünftige Inflationsraten auf- und abdiskontierte Zahlungsströme. Mit diesem Plan möchte er jetzt auf Investorensuche gehen. Wenn alles klappt, ist Jodok in einem Jahr in Asien und leitet dort ein großes Unternehmen. Ich bewundere ihn ein wenig für seinen Mut.
Aber dennoch ist Jodok der Meinung: Wenn es ihm nicht so großen Spaß machen würde zu rechnen, würde er das alles auch nicht machen. "Geld ist nicht so wichtig. Die wirklich wichtigen Dinge im Leben kosten nichts."
Wir reden noch viel über Unternehmertum. Darüber, dass es für Mitarbeiter oft so schwer ist, zwischen Umsatz und Gewinn zu unterscheiden und dass das oft zu Spannungen führen kann. Jodok fragt mich, was meiner Meinung nach Alternativen zu diesem Geld- und Wirtschaftssystem wären. Ich erzähle von einem Spektrum von Möglichkeiten. Von der Gemeinwohlökonomie beispielsweise. Oder von Komplementärwährungen. Wir reden auch über die Theorien von Franz Hörmann.
Jodok erzählt mir, dass er in jungen Jahren "Das Kapital" von Marx gelesen hatte
unter anderem folgenden Schluss ziehen konnte: Wenn man ein profitables Unternehmen aufbauen will, muss man Mehrwert aus der Arbeit Anderer schlagen. Egal, ob man handelt, produziert oder sonst was. Auch eine interessante Interpretation. Ich beschließe daraufhin, "Das Kapital" ebenfalls im Original zu lesen, um mir meine Meinung bilden zu können.
Der Abend endet mit einem Glas Whisky und Gesprächen, in denen es dann doch noch viel um Geld geht.
"Was kommt?"
Beide Begegnungen bezeichnen die unterschiedlichen Wege, die unsere Welt derzeit einschlägt. Beide Personen haben Visionen der Zukunft und handeln danach. Viele spüren den Wendepunkt, an dem wir uns befinden. Aber ob die Welt in immer höhere Höhen hinaufwachsen wird oder ob es schon im Herbst alles anders sein wird, ist unvorhersagbar. Vielleicht findet auch beides statt.
Namaste
AntwortenLöschenDeinen Artikel habe ich mit Freude gelesen. Inspirierend war vor allem das geschilderte Gespräch mit Tom. Toms Vorstellung über das Ende der Welt, wie wir sie kennen, klingt sehr abrupt. Ich denke, wir alle befinden uns in einer (End-)Phase eines umfassenden Wandels (besser: Paradigmenwechsels). Ob nun in der Ökonomie oder sogar des (kollektiven) Bewusstseins. Es ist ein PROZESS, eine gesunde Entwicklung "von unten", wie man so schön sagt. Vielleicht ein weiterer Schritt auf der "Evolutionsleiter".
"Wie durchbricht man Gewohnheiten, ohne dass man leiden muss?" - Ich denke, in dem ich aus absolut tiefster ÜBERZEUGUNG heraus handle.
LG Peter
Danke Peter für das Lob!
AntwortenLöschenJa, diese Anzeichen kann man überall sehen, nicht nur, wenn man das Ökonomische betrachtet! Verfall und Nicht-mehr-Funktionieren alter Strukturen und Verhaltensmuster und Aufkeimen neuer Ideen, Wege, Strukturen. Tom hat das sehr schön beschrieben.
Hier ein Interview mit Tom auf Ö1:
AntwortenLöschenInterview
so ein Blödsinn.. Ende der Welt im August? Wir haben schon September und ich krieg immer noch Post von Finanzamt.. :(
AntwortenLöschenJa, und er meinte sogar August 2011. Wie man sieht: Die Zukunft ist ungewiss :-)
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